Zwerge auf den Schultern von Riesen
So kann für mich Geschichtsschreibung funktionieren: gekannt hat er sie nicht, seine Urgroßmutter, denn in seiner Familie war der Altersabstand zwischen den Generationen zu groß. Aber eine Ahnung von Außergewöhnlichkeit muss ihn dazu bewogen haben, sämtliche Quellen, deren er anheischig werden konnte, zu studieren und in Zusammenhang zu stellen zu allgemeinen historischen Erkenntnissen. Herausgekommen ist dabei ein anschauliches und ergreifendes Porträt einer überdurchschnittlich starken Frau, ihrer Zeit weit voraus, das seinen Konjunktiv nicht verleugnet - aber das ist mir nicht so wichtig, denn es hätte ja ohne weiteres genauso sein können.
Am Rechercheprozess lässt er uns teilhaben, indem er die Quellen nennt und beschreibt, nach welchen Gesetzmäßigkeiten er sie auswertete. Die verbleibenden Lücken füllt er mit Hilfe der Werkzeuge eines Historikers und verleugnet etwaige Spekulationen nicht. Auf Seite 62 gibt er offen zu: "Meine Beweislage ist dünn." - denn welche Personen zeichnen akribisch alle Stationen ihres Lebens auf? Dabei ergibt die Fülle von kulturgeschichtlichen Informationen ein plastisches Bild der Zeit, belegt durch so manches aufschlussreiche Zitat aus Chroniken und Gesetzestexten. Sußebach relativiert seine Vermutungen durch offene Fragen und flicht gelegentlich geschichtsphilosophische Exkurse z.B. zum Thema "Multiples" ein. In seiner abschließenden Danksagung erwähnt er all die vielen Personen und Institute, die er konsultierte und die ihn bei der aufwendigen Suche unterstützten.
Unglaublich, welchen Einschränkungen und Missachtungen Frauen um das Jahr 1900 herum ausgesetzt waren und mit welcher Kraft sich Anna, frisch verwitwet und schwanger, dagegen auflehnt. Zunächst als Lehrerin tätig in einer kleinen Gemeinde im Sauerland, durfte sie erst nach einer Wartezeit von zwölf Jahren ihren Clemens heiraten, der nur wenige Wochen danach durch einen Unfall starb. Sie bewährt sich als Wirtin und Verwalterin einer Postagentur mit allen damit verbundenen Tätigkeiten wie der Bedienung einer modernen Telefonanlage und der Buchführung.
Am Ende blicke ich bewundernd auf eine Frau, die sich ohne viel familiäre Unterstützung gegen die Widrigkeiten und Vorurteile ihrer Zeit durchsetzt. Eine solche praxisnahe historische Forschung kann sich allemal bewusstseinsbildend auswirken.
Am Rechercheprozess lässt er uns teilhaben, indem er die Quellen nennt und beschreibt, nach welchen Gesetzmäßigkeiten er sie auswertete. Die verbleibenden Lücken füllt er mit Hilfe der Werkzeuge eines Historikers und verleugnet etwaige Spekulationen nicht. Auf Seite 62 gibt er offen zu: "Meine Beweislage ist dünn." - denn welche Personen zeichnen akribisch alle Stationen ihres Lebens auf? Dabei ergibt die Fülle von kulturgeschichtlichen Informationen ein plastisches Bild der Zeit, belegt durch so manches aufschlussreiche Zitat aus Chroniken und Gesetzestexten. Sußebach relativiert seine Vermutungen durch offene Fragen und flicht gelegentlich geschichtsphilosophische Exkurse z.B. zum Thema "Multiples" ein. In seiner abschließenden Danksagung erwähnt er all die vielen Personen und Institute, die er konsultierte und die ihn bei der aufwendigen Suche unterstützten.
Unglaublich, welchen Einschränkungen und Missachtungen Frauen um das Jahr 1900 herum ausgesetzt waren und mit welcher Kraft sich Anna, frisch verwitwet und schwanger, dagegen auflehnt. Zunächst als Lehrerin tätig in einer kleinen Gemeinde im Sauerland, durfte sie erst nach einer Wartezeit von zwölf Jahren ihren Clemens heiraten, der nur wenige Wochen danach durch einen Unfall starb. Sie bewährt sich als Wirtin und Verwalterin einer Postagentur mit allen damit verbundenen Tätigkeiten wie der Bedienung einer modernen Telefonanlage und der Buchführung.
Am Ende blicke ich bewundernd auf eine Frau, die sich ohne viel familiäre Unterstützung gegen die Widrigkeiten und Vorurteile ihrer Zeit durchsetzt. Eine solche praxisnahe historische Forschung kann sich allemal bewusstseinsbildend auswirken.