Sehr bereichernd
Eigentlich hatte Durga nur vor, an einem Writer’s Room in London mitzuarbeiten, bei dem Agatha Christies Werk etwas an den modernen Zeitgeist angepasst und mehr „politisch korrekt“ gemacht werden sollte, und nebenbei den kürzlichen Tod ihrer Mutter zu verarbeiten. Doch dann wird sie ganz unerwartet mit der Geschichte des indischen Widerstands gegen die britische Kolonialisierung Anfang des 20. Jahrhunderts konfrontiert – und zwar zum einen in der Gegenwart, in der ihr im Austausch mit den anderen Beteiligten des Writer’s Room völlig neue Perspektiven begegnen und zum anderen: indem sie tatsächlich durch die Zeit reist. Von einem Moment zum anderen befindet sie sich im Jahr 1906 in London im Körper des jungen Saanjev, der in India House lebt und für die indische Unabhängigkeit kämpft.
Und während sich Durga im Jahr 2022, unmittelbar nach dem Tod der Königin Elizabeth II auf den Spuren von Hercule Poirot mit Krimis und Locked Room Mysteries auseinandersetzt, wird sie als Saanjev mit einem eben solchen in India House konfrontiert und trifft zu dessen Auflösung auf den leibhaftigen Sherlock Holmes. Diese ständigen Parallelen zwischen dem Hier und Jetzt und der Vergangenheit sind einfach genial, teils witzig und teils todernst umgesetzt. Wie ein roter Faden zieht sich – nicht nur wegen der Zeitreisethematik – auch Dr. Who durch den ganzen Roman. Ich liebe es einfach, wie alles miteinander verflochten und durchtränkt ist.
Antichristie zeigt sehr eindrücklich, wie präsent die Vergangenheit in all ihrer Komplexität noch heute ist und wie wichtig – und spannend – es dementsprechend ist, mit den Menschen darüber zu reden und sich mit verschiedenen Sichtweisen auseinanderzusetzen. Gemeinsam mit Durga macht der Leser eine Entwicklung durch und kommt zur Erkenntnis, dass, statt stur gewisse Begriffe oder Phänomene wie z. B. kulturelle Aneignung zu verteufeln, es viel zielführender ist, sich mit anderen auszutauschen und sie tatsächlich zu verstehen. Sehr passend fand ich in dem Zusammenhang Durgas Erkenntnis am Ende des Romans: „Menschengruppen sind nicht besser oder schlechter als andere – Gesellschaftssysteme sind besser oder schlechter.“ Nein, dieser Satz ist nicht die Quintessenz des Romans, dafür ist er viel zu komplex, aber er bringt es meiner Meinung nach ganz gut auf den Punkt.
Neben dieser interessanten Sichtweise bietet der Roman aber auch sehr viel Wissenswertes über die Kolonialgeschichte Indiens und die Revolutionäre vom Anfang des 20. Jahrhundert. Spannend fand ich zum Beispiel, mal die Kehrseite von Gandhis im West groß gefeierten gewaltlosen Widerstands kennen zu lernen.
Antichristie ist ein sehr unterhaltsamer Roman, der die Augen für die Komplexität von Geschichte und vererbten Konflikten öffnet und ganz nebenbei sehr viele neue Erkenntnisse mit sich bringt. Absolute Empfehlung!
Und während sich Durga im Jahr 2022, unmittelbar nach dem Tod der Königin Elizabeth II auf den Spuren von Hercule Poirot mit Krimis und Locked Room Mysteries auseinandersetzt, wird sie als Saanjev mit einem eben solchen in India House konfrontiert und trifft zu dessen Auflösung auf den leibhaftigen Sherlock Holmes. Diese ständigen Parallelen zwischen dem Hier und Jetzt und der Vergangenheit sind einfach genial, teils witzig und teils todernst umgesetzt. Wie ein roter Faden zieht sich – nicht nur wegen der Zeitreisethematik – auch Dr. Who durch den ganzen Roman. Ich liebe es einfach, wie alles miteinander verflochten und durchtränkt ist.
Antichristie zeigt sehr eindrücklich, wie präsent die Vergangenheit in all ihrer Komplexität noch heute ist und wie wichtig – und spannend – es dementsprechend ist, mit den Menschen darüber zu reden und sich mit verschiedenen Sichtweisen auseinanderzusetzen. Gemeinsam mit Durga macht der Leser eine Entwicklung durch und kommt zur Erkenntnis, dass, statt stur gewisse Begriffe oder Phänomene wie z. B. kulturelle Aneignung zu verteufeln, es viel zielführender ist, sich mit anderen auszutauschen und sie tatsächlich zu verstehen. Sehr passend fand ich in dem Zusammenhang Durgas Erkenntnis am Ende des Romans: „Menschengruppen sind nicht besser oder schlechter als andere – Gesellschaftssysteme sind besser oder schlechter.“ Nein, dieser Satz ist nicht die Quintessenz des Romans, dafür ist er viel zu komplex, aber er bringt es meiner Meinung nach ganz gut auf den Punkt.
Neben dieser interessanten Sichtweise bietet der Roman aber auch sehr viel Wissenswertes über die Kolonialgeschichte Indiens und die Revolutionäre vom Anfang des 20. Jahrhundert. Spannend fand ich zum Beispiel, mal die Kehrseite von Gandhis im West groß gefeierten gewaltlosen Widerstands kennen zu lernen.
Antichristie ist ein sehr unterhaltsamer Roman, der die Augen für die Komplexität von Geschichte und vererbten Konflikten öffnet und ganz nebenbei sehr viele neue Erkenntnisse mit sich bringt. Absolute Empfehlung!