Trotz einiger Parallelen zu Harry Potter überraschend gut

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Feenkäfer, Schnipslichter, ein Gespensterhund – irgendetwas Seltsames geht da vor in den Long Woods. Arlo Finch ist gerade erst mit seiner Mutter und Schwester Jaycee zu Onkel Wade in das abgelegene Kaff Pine Montain gezogen. Aber als er sich den Rangers, den lokalen Pfadfindern anschließt, wird immer deutlicher, dass die nahegelegenen Wälder ein magisches Geheimnis bergen. Plötzlich befindet sich Arlo mitten in einem Abenteuer und noch dazu in großer Gefahr.

„Arlo Finch – Im Tal des Feuers“ ist das Debüt von US-Drehbuchautor John August (der u.a. für seine Gemeinschaftsprojekte mit Tim Burton – darunter „Charlie und die Schokoladenfabrik“ – bekannt wurde). Und ja, man spürt beim Lesen förmlich die Kinotauglichkeit des Stoffes. Die flotte Erzählweise, die Art des Spannungsaufbaus, der Humor und das visuelle Potenzial einiger Szenen. „Arlo Finch“ kann im Grunde direkt vom Buch auf die Leinwand.

Die Geschichte hat einige „Harry-Potter“-Momente. So gibt es unübersehbare Parallelen, wie etwa der Umstand, dass Arlo zwei beste Freunde (Henry Wu und die schlaue Indra) findet, ein besonderes körperliches Merkmal besitzt (ein blaues und ein grünes Auge) und offenbar auch einen mächtigen Feind gegen sich hat (der sich im ersten Teil allerdings noch nicht offen zeigt). Es gibt neben der realen Welt eine magische Parallelwelt und die Kids in dem Buch können bis zu einem gewissen Grad Magie anwenden. Davon abgesehen wäre der Vorwurf des „lauen Abklatsches“ ungerecht.

Ich war überrascht, wieviel Spaß ich hatte. Bis auf wenige Szenen, in denen John August zu schnell voranprescht, überzeugt „Arlo Finch“ mit einem guten Tempo. Die Geschichte ist action-, aber dennoch detailreich. August gelingen atmosphärische Gruselmomente und ein konstanter Spannungsbogen. Zudem erzählt er mit einem feinen Humor, der nicht nur den Nerv von Kindern, sondern auch den von Erwachsenen trifft. Ein ums andere Mal musste ich lauthals lachen.

Bei den moralischen Botschaften wird nicht über’s Ziel hinausgeschossen. Der Autor zieht keine pädagogisch-verklärte Naturkulisse abseits der heutigen Lebensrealität von Kindern und Jugendlichen hoch. Computer und Handys finden immer wieder Erwähnung, werden jedoch mit einem vertrauten Trick auf einen Nebenrang verwiesen – denn in Pine Mountain gibt es schlicht und ergreifend mieses W-Lan, dafür aber eine sehr aktive Pfadfindergemeinschaft, bei der Werte wie Mut, Teamgeist und
Wahrhaftigkeit groß geschrieben werden.

Als kritische Leserin würde ich allenfalls die Zeichnung der Nebencharaktere bemängeln, die noch etwas blass um die Nase sind. Darunter Arlos neue Freunde Henry Wu und Indra, die Zwillinge Jonas und Julie, Gruppenführer Connor und die sonderliche Merilee (die stark an Luna Lovegood erinnert). Das ist etwas schade, denn das Ensemble ist bunt und unterschiedlich und könnte noch viel stärker sein. Immerhin bleibt viel Potenzial für die nächsten Bände, von denen ich hoffe, dass es weiter ausgeschöpft wird.

Der Plot jedenfalls scheint nicht allzu voraussehbar zu sein. Es dürfte noch einiges zu entdecken geben in den Long Woods von Pine Mountain.

Kurz und gut: Man darf dieses Buch bedenkenlos jedem oder jeder abenteuerlustigen 10-12jährigen oder gar 13-/14jährigen in die Hand drücken. „Arlo Finch. Im Tal des Feuers“ ist ein vielversprechender Reihenauftakt – humorvoll und spannend erzählt. Einige Wendungen vollziehen sich für ältere Leser möglicherweise zu rasch und bei den Nebencharakteren ist noch etwas Luft nach oben. Aber ich habe viel Hoffnung, dass die Serie sich auf einem konstant guten Niveau einpendelt.