Alltag einer Ärztin

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mammutkeks Avatar

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Vorweg muss ich sagen, dass ich Kristof Magnusson einfach mag - "Zuhause" hab ich ebenso verschlungen wie das wunderbare "Das war ich nicht" und auch den Island-Führer fand ich sehr gut geschrieben. Von daher liegt mir der Stil, in dem Magnusson seine so unterschiedlichen Werke schreibt. Und den Titel "Arztroman" finde ich einfach nur gut - minimalistisch, viel sagend, noch mehr implizierend - klasse! Das Cover hingegen ist so überhaupt nicht meins - stilisierte Kacheln, braun-beiger Hintergrund und der Rettungswagen ebenfalls im Kachelstil - nee, das wäre ein Grund, dieses Buch nicht in Betracht zu ziehen.
Inhaltlich wiederum ist der "Arztroman" bislang so gehalten, dass er mich interessieren könnte. Die Beschreibung des Einsatzes der Rettungsärztin Anita Cornelius mitten in der Nacht in Berlin erscheint ziemlich realistisch. Die Notärztin kann vor lauter Hitze nicht schlafen und wird dann zu einem Noteinsatz gerufen. Sie weiß nur, dass es einen Autounfall gegeben hat - wieviel Verletzte und welche Verletzungen, erfährt sie meist erst am Unfallort. Hier ist es ein junger Mann, fast noch ein Teenager, der mit seinem hochmotorisierten Auto gegen einen Brückenpfeiler gefahren ist, und nun eingeklemmt hinter dem Lenkrad sitzt. Durch genaue Beobachtung kann Cornelius den jungen Mann noch retten - was dramatisch klingt, wird ziemlich ruhig beschrieben.
Das zweite Kapitel widmet sich dann dem Privatleben der Ärztin. Getrennt von ihrem Ehemann, lebt sie in einer kleinen, mit Möbeln vollgestopften Wohnung. Der gemeinsame Sohn hat sich angekündigt, will nun aber lieber bei einem Freund übernachten denn bei seiner Mutter. Diese weiß mit ihrem plötzlich freien Tag nicht richtig etwas anzufangen, geht spazieren und dann in ein Café, wo sie statt des Pfefferminztees doch lieber Weißwein trinkt. Dort trifft sie Rio, den Ex-Freund eines Ex-Partners oder so. Sie reden und flirten - und ...
Ist "Arztroman" vielleicht doch ein klassischer Arztroman? So ganz kann das nicht sein, ist doch zunächst einmal eine Ärztin die Protagonistin - und nicht ein junger, gutaussehender Arzt, der die Herzen der umstehenden Frauen im Sturm erobert. Aber doch hat auch Magnussons "Arztroman" Anklänge an das klassische Genre - aber auf einer anderen Ebene. Eben literarischer. Und realistischer. Und vielleicht auch besser. Das wird sich nach Lektüre des gesamten Buches zeigen.