Arztroman

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Anita Cornelius ist Notärztin am Berliner Urban-Krankenhaus. Ein Job, der sehr kräfte- und zeitraubend ist, das Privatleben belastend.
Doch um Anitas Privatleben ist es im Moment eh nicht zum Besten bestellt. Nach der Trennung von ihrem Mann und Kollegen Adrian und der immer mehr entgleitenden Beziehung zu ihrem pubertierenden Sohn Lukas, der nur noch zeitweise bei ihr wohnt, stürzt sie sich geradezu in ihre Arbeit. Eine Arbeit die sie fordert, die sie aber auch liebt.
In den besten und spannendsten Passagen begleiten wir Leser Anita und ihren sympathischen Assistenten Maik auf ihre verschiedenen Einsätze. Hervorragend recherchiert und realitätnah geschildert, wird da u.a. die Panikattacke einer Studentin, der Oberschenkelhalsbruch einer alten Dame und der Kehlkopfschnitt bei einem erstickenden Patienten behandelt. Gleichzeitig erlaubt der Notarzt-Einsatz den blitzlichthaften Blick in die unterschiedlichsten Berliner Milieus.
Es ist schon erstaunlich, dass es so viele, auch sehr gute, Arztserien im Fernsehen gibt, aber nahezu keine literarischen Ausflüge in diese Welt. Von den Groschenromanen, auf die Kristof Magnusson mit dem Titel "Arztroman" süffisant anspielt, abgesehen. Der Arztroman schließt diese Lücke auf höchst unterhaltsame Weise.
Sein Stil ist gewohnt leicht und selbstverständlich, auch nehmen private Verwicklungen und die Liebe einen Platz im Handlungsgeschehen ein, selbst das Happy-End scheut der Autor nicht. Er schaut sehr menschenfreundlich auf sein Personal und ist auch mit seiner Hauptprotagonistin höchst solidarisch. Leise Gesellschaftskritik wird nur hier und da, sozusagen in homöopathischen Dosen, eingestreut. Das macht den Roman vielleicht ein wenig zu glatt und gefällig.
Er ist aber gleichzeitig so realitätsgesättigt, so alltagsnah auch am Leben einer vierzigjährigen Frau, ihrer Probleme mit der neuen Patchworkfamilie und ihrer eigenen Einsamkeit, ihrer Suche nach neuen Lebensperspektiven und ihren Verlustängsten, ihrem manchmal überschießenden und ins Gegenteil kippenden Wunsch, alles gut und richtig zu machen, dass man dies gern verzeiht.