Das Leben einer Ärztin

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struppel Avatar

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Die Protagonistin ist Anita, Ende 40, Notärztin. Ihre Arbeit ist ihr sehr wichtig und sie gibt sich auch Mühe, jedem Patientin so weit wie möglich zu helfen. Besonders mit dem schwulen Rettungsassistenten Mike arbeitet sie gern zusammen. In diese Arbeit erhält auch der Leser einen authentischen Einblick, wenn Anita wieder einmal auf einem Einsatz ist. Es scheinen wirklich vor allem (bis auf einige Ausnahmen) alltägliche, realitische Fälle zu sein, keine einer-in-einer-Million-Einsätze, die nur die Spannung erhöhen sollen. Die Abläufe sind gut recherchiert.
Als starker Gegensatz zu diesen routinierten Abläufen auf Arbeit steht Anitas Privatleben, das sie nur kaum im Griff hat. Schon vor einigen Jahren hat sie sich von ihrem Mann Adrian in gegenseitigem Einvernehmen getrennt, die beiden haben sich einfach auseinander gelebt. Ihr gemeinsamer Sohn Lukas wohnt nun aus rein praktischen Gründen bei Adrian und dessen neuer Lebensgefährtin Heidi. Anfangs schien Anita damit kein Problem gehabt zu haben, doch jetzt, wo Lukas in die Pubertät kommt, sich immer mehr von ihr entfernt und auf Heidis Seite schlägt (trotz derer aus Anitas Sicht vollkommen verkehrten Ansichten), hätte sie da doch gern noch mehr Mitspracherecht. Auch die Beziehung zu Rio, die Anita sich langsam aufbaut, wird immer wieder hart auf die Probe gestellt.

Allgemein finde ich den Schreibstil sehr gelungen, er trägt erheblich dazu bei, den Leser an das Buch zu fesseln.
Für den Titel "Arztroman" enthält dieser allerdings meiner Meinung nach eine zu detaillierte Beschreibung von Anitas Privatleben, um das es scheinbar vorderrangig geht. Und das, obwohl der Beruf für Anita schon das wichtigste im Leben zu sein scheint - in der freien zeit weiß sie kaum etwas mit sich selbst anzufangen und übernimmt erstaunlich gerne extra-Schichten.
Anita selbst erscheint einem durchaus an einigen Stellen eher unsympathisch, fast schon nervig, aber gerade das macht sie für mich zu einer authentischen Protagonistin, nicht zu einer Art "Arzt-Barbie".

Insgesamt ein durchaus gelungenes, wenn auch nicht perfektes Buch.