Sehr, sehr unterhaltsam geschrieben!

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
anettes13 Avatar

Von

Der Stil der Autorin hat mich von der ersten Zeile an erfreut und bestens unterhalten. Wie sagte es Kurt Tucholsky so schön? "Neid ist ein gutes Kriterium." Und so, wie in "Askendor" die Erzählerin ihre Umgebung beobachtet und am allerschärfsten sich selbst, so würde ich das auch gern auf's Papier bringen.

Die Hauptfigur ist die 16-jährige Flo, die sich in ihrem Doppelleben als strebsame Tochter ihrer Helikoptermutter und als unternehmungslustige Freundin von Paula gut eingerichtet hat. Paulas drei Geschwister und die lockeren Eltern stellen Flos Traum von einem Zuhause dar, in dem sie nicht Bestnoten bringen und die Weihnachtsferien in einem "optimize your brain"-Camp verbringen muss.

Und ausgerechnet bei der Lateinnachhilfe für Paulas jüngeren Bruder eröffnet sich ein unerwarteter Weg in ein unmögliches Abenteuer. Der Junge muss "eben noch" etwas in seinem Spiel abwarten und Flo schaut ihm über die Schulter - bis ihr die nicht von einem Spieler gesteuerte Figur des Thosse geradewegs in die Augen schaut und ihr mit dem Blick folgt. Das lässt ihr keine Ruhe und heimlich meldet sie sich selbst in dem Spiel an.
Natürlich führt dies zu allerlei unterhaltsamem Hin und Her zwischen den Welten und nicht nur Paula findet mit ihrem norwegischen Freund ein romantisches Gegenüber. Doch ist nicht alles eitel Sonnenschein in dem Spiel "Askendor" und eine Spielfigur, deren Leben darin besteht, sich gegen Angreifer zu verteidigen, hat vielleicht nicht ganz genau die Eigenschaften, die sich ein Mädchen bei einem Freund wünscht.

Die Beziehung der beiden ist meistens sehr pfeffrig und doch liebevoll, wobei ich bei dem Gefälle eines zu Gewalttaten neigenden jungen Manns und einem ihm seine versehentlichen Übergriffe stets verzeihenden Mädchen doch ein leichtes Störgefühl habe, vielleicht bin ich ein bisschen zu woke. Den Degen von Flo hätte ich zu gern mal im Einsatz gesehen und dem Bösewicht noch ein bisschen mehr Tiefe als "Früher war er mal nett" gewünscht.
Auch das Cover finde ich eigentlich zu brav - wobei ich altersmäßig weit aus der Zielgruppe herausgerutscht bin. So wie das Mädchen auf dem Cover stellt sich Flos Mutter ihre Tochter vor, ob sie sich selbst so sieht, würde ich ein bisschen bezweifeln.

Ich sage es mal so: Ich hatte an dem Samstag allerhand vor. Geschafft habe ich nur, das Buch zu lesen. Herrlich unterhaltsam und spannend, ohne zu blutig zu werden, spielt die Geschichte mit den verschiedenen Welten und begibt sich sogar philosophisch in interessante Mutmaßungen über ihre Zusammenhänge. Die Figuren machen Spaß, allen voran Flo, die sich auf unnachahmlich trockene Art immer selbst ironisch hinterfragt. Die witzigen Dialoge sind durchgehend auf hohem Nivau.

Ich freue mich auf das nächste Buch der Autorin, das sich an Teenager oder (wünschen darf man immer) vielleicht sogar an ein älteres Publikum richtet.