Der verletzliche Mensch hinter der großen Schauspielerin

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elke seifried Avatar

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Wer kennt sie nicht, die Filme wie Frühstück bei Tiffany oder Krieg und Frieden und wem ist daher der Name Audrey Hepburn kein Begriff? Für mich war sie bisher eben auch eine brillante, gefeierte und ausgezeichnete Schauspielerin, über die ich aber sonst nicht viel wusste. Dank dieser Romanbiografie durfte ich die berühmte Filmgröße nun aber auch von ihrer ganz persönlichen Seite kennenlernen und ich bin froh, dass sich die Autorin nicht von Hepburns Einschätzung, »Natürlich nicht. Eine Biografie über mich? Was sollte ich schon Interessantes schreiben? In meinem Leben gab es keine Eklats, keine Skandale. Ich habe viel gearbeitet, zwei Söhne großgezogen und mit fünfzig die Liebe meines Lebens gefunden. Das ist alles sehr unspektakulär. Es lohnt sich wirklich nicht, ein Buch darüber zu schreiben.«, abhalten hat lassen diese zu schreiben.

Los geht es mit einem herzzerreißenden Prolog aus dem Jahr 1935, in dem eine völlig verängstigte Audrey im Kleiderschrank einen Streit ihrer Eltern belauscht und dann Zeuge wird, wie der Vater die Familie verlässt. Danach gliedert sich die Romanbiografie in fünf Teile. Bomben und Ballett ist der erste Abschnitt, der mich total emotional gefesselt hat, habe ich doch so mit dem Mädchen bei der strengen Ballettausbildung und den furchtbaren Auswirkungen des Krieges gelitten. Den Jahren 1948 bis 1958 widmet sich dann der zweite Abschnitt, der aufzeigt, wie sie vom Ballett zum Film kommt und auch erste Erfolge erzielt. Im dritten, der sich über die Jahre 1954 bis 1960 erstreckt, liegt das Hauptgewicht eher wieder auf Privatem. Man erlebt mit ihr ihre Hochzeit und ihre verzweifelten Bemühungen darum, Mutter zu werden. Ein viertes Kapitel widmet sich der Rolle ihres Lebens und den großen Problemen, die sie dabei hat, Muttersein und Schauspielerei in ihrem Leben zu organisieren. Händeringend darf man mit ihr hier auch um ihre erste Ehe kämpfen, die am Ende des Abschnitts in die Brüche geht. Den Abschluss bildet dann der Abschnitt Liebe und Leid, der sich über die Jahre 1968 bis 1979 erstreckt, von ihrer zweiten gescheiterten Ehe, ihrem zweiten Sohn und auch dem Leben nach der Trennung erzählt. Ein Epilog, der noch von ihrem Engagement als UNICEF-Sonderbotschafterin berichtet, weil für sie gilt, „Als Kind hatte sie selbst von Hilfslieferungen profitiert, die sie vor dem Verhungern retteten.“ und sie deshalb auch anderen helfen will, bildet den Abschluss.

Der lockere Schreibstil der Autorin liest sich flüssig und ich konnte mich stets gut in Audrey hineinversetzen. Ihre Lebensgeschichte hat mich emotional sehr bewegt. Szenen wie, „Er ist wie ich der Meinung, dass ihr Mädchen nicht mehr länger in der Lage seid, körperlich gefordert zu werden.« »Aber ich kann noch tanzen!«, begehrte Audrey mit Tränen in den Augen auf. »Der Hunger macht mir nichts aus, ich schaffe das!« Madame Marova lächelte traurig, während die anderen Mädchen auf ihre abgenutzten Ballettschuhe starrten. »Es ist zu riskant, Edda. Schau dich an, du bist dünn wie ein Streichholz. Und meinst du, mir ist entgangen, dass dir ständig schwindlig wird beim Tanzen? Auch wenn du es gut zu verbergen weißt.«, später dann »Das sieht man. Wenn man einmal so unterernährt war wie Sie damals, trägt der Körper dauerhaften Schaden davon. Ihr Muskelwachstum hält dem der englischen Mädchen nicht stand. Sie können einfach keine Primaballerina werden, und je eher Sie das begreifen, desto schneller können Sie sich umorientieren. Einen anderen Weg einschlagen.« oder auch als Mutter die Worte »Einen Flakon ›L’Interdit‹? Was willst du denn damit?« Sean sah mit feuchten Augen zu ihr auf. »Ich will jeden Tag daran riechen, damit ich das Gefühl habe, du wärst bei mir. Du riechst immer danach.« ihres Sohnes, haben mich tief betroffen gemacht und mich mitleiden lassen. Solch bilderreiche Beschreibungen wie, „Nach diesem Tag, der ihr wie ein Stein auf der Seele lastete, sog sie seine Zärtlichkeit wie ein Schwamm in sich auf. Alle Vorbehalte packte sie in den hintersten Winkel ihres Herzens, wie in eine schwere Truhe, deren Deckel zuschlug. Sie fühlte sich verletzlich und liebesbedürftig, und er gab ihr all das, was sie brauchte, immer wieder, jeden Tag. Schokolade, Rosen, Liebe und Aufmerksamkeit.“, sorgten vor allem in den ersten Teilen dafür, dass ich gefesselt und berührt mitleben konnte, während hingegen im weiteren Verlauf doch die eine oder andere Länge für mich entstand. Die Querelen mit ihrem ersten Ehemann, Probleme beim Drehen, da hat sich vieles für mein Empfinden wiederholt, wenn es mich auch grundsätzlich immer noch betroffen gemacht hat, dass gilt, „Bitter fragte sie sich, wieso sich manche Kapitel ihres Lebens einfach wiederholten. Es war wie ein Déjà-vu“, konnte ich nicht mehr so mitfiebern und mitfühlen wie zu Beginn, stellenweise habe ich es sogar als bloße Aneinanderreihung der Ereignisse empfunden, die mir dann knapper oder ausgewählter lieber gewesen wären.

„Sie ist liebenswürdig und bodenständig und rücksichtsvoll. Wenn sie morgens hierherkommt, grüßt sie als Erstes die Tontechniker und Visagisten und Bühnenbildner, während du denkst, das hast du nicht nötig, weil du etwas Besseres bist. « Die Autorin hat Audrey Hepburn hier als verletzliche, gefühlvolle, liebenswürdige Frau gezeichnet, die von Selbstzweifeln und Versagensängsten geprägt war. Diese Seite kannte ich bisher nicht, hat sie nach außen sicher auch geprägt durch ihre Erziehung und den Drill beim Ballett stets das Gesicht gewahrt und keine Schwäche gezeigt. Das fand ich äußerst gelungen, ebenso wie die Darstellung ihrer Ehemänner, die die Autorin gut eingefangen hat. Die übrigen Wegbegleiter sind, wenn einige auch knapp, authentisch gezeichnet, sodass ich auf jeden Fall eine lebendige Vorstellung von ihnen erhalten habe.

Alles in allem genügt es wegen der einen oder anderen empfundenen Länge in der zweiten Hälfte nicht mehr ganz für vier Sterne, aber sehr gute vier sind auf jeden Fall drin.