Anders als erwartet

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rinoa Avatar

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Yada ist 17 und lebt auf einer schwimmenden Stadt in der Ostsee. Ihr Vater hat die Seestatt entworfen, um dem Chaos und Untergang der Zivilisation auf dem Festland zu entgehen. Yada lebt mit der (von ihrem Vater geschürten) Angst, ähnlich psychisch labil zu sein wie ihre verstorbene Mutter, deshalb wird vieles von ihr ferngehalten. Doch immer mehr fragt sie sich, ob die Welt da draußen wirklich im Chaos versinkt und dann macht sie auch noch eine Entdeckung, die alles bisher Geglaubte in Frage stellt…

So ein bisschen ratlos hat mich „Auf See“ zurückgelassen. Einerseits habe ich die Lektüre sehr genossen, sie war unterhaltsam und auch fesselnd. Auf der anderen Seite hatte ich zunächst das Gefühl, vielleicht den Sinn dahinter nicht ganz verstanden zu haben.

Das Buch ist abwechselnd aus Sicht von Yada (in Ich-Form) und Helena, einer charismatischen und eher durch Zufall zum Orakel erklärten Künstlerin, die in Berlin lebt, geschrieben. Dazwischen gibt es immer wieder Kapitel mit Geschichten aus Helenas „Archiv“, historische Fakten (die mir bis dato völlig unbekannt waren) über utopische Zukunftsfantasien, Gründungen von neuen, autarken Staaten, (versuchte) Territorialübernahmen etc. die es scheinbar immer schon gegeben hat.

Der Aufbau hat mir wirklich gut gefallen, auch die Überschriften zu den einzelnen (größeren) Teilen, das Zusammenspiel mit den historischen Fakten, das war alles sehr stimmig und durchdacht und gepaart mit dem Schreibstil der Autorin für mich spannend zu lesen.

Insbesondere die Charakterisierung von Helena fand ich sehr gut gelungen (wogegen Yada für mich so ein bisschen blass blieb, allerdings passiert auf der Seestatt vielleicht auch nicht so viel wie im trubeligen Berlin und Yada ist viel auf sich allein gestellt, obwohl das sicher nicht als (alleiniger) Grund herhalten kann). Obwohl sie ganz anders ist als ich habe ich mich ihr irgendwie nahe gefühlt.

Zuletzt muss ich noch erwähnen (und das habe ich in einer Rezension noch nie gemacht), dass ich das Cover, besonders in natura, einfach umwerfend finde. Es erinnert mich so ein bisschen an die alten Science-Fiction-„Schinken“ meines Vaters, deren Cover ich früher auch immer schon bewundert habe (mit deren Inhalt ich allerdings weniger anfangen konnte).

Mit ein paar Tagen Abstand kann ich sagen, dass mir „Auf See“ wirklich gut gefallen hat und ich mich mit dem Gedanken angefreundet habe, dass es vielleicht auch gar keinen tieferen Sinn (zumindest für mich) geben muss. Tatsächlich könnte ich mir sogar vorstellen, das Buch später noch einmal zu lesen, was ich über nicht allzu viele Bücher behaupten kann.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung! Es lohnt sich wirklich, sich auf die Geschichte (und die Geschichten dahinter) einzulassen.