Unentschlossene Geschichte interessant erzählt

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raganiuke Avatar

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In zwei Handlungssträngen erzählt Theresia Enzensberger die Geschichte zweier Frauen: Der erste handelt von Yada, die auf einer schwimmenden Insel in der Ostsee lebt, von ihrem Vater überbehütet und von allen Einflüssen abgeschottet, die er als schädlich für sie betrachtet. Die restliche Welt ist, so glaubt sie zumindest aus den Erzählungen ihres Vaters zu wissen, nach Umweltkatastrophen ins Chaos versunken und kein guter Ort zum Leben. Doch die Seestatt ist auch nur noch ein Abglanz ihrer einstigen hypermodernen Pracht und allmählich ahnt Yada, dass nicht alles so rund läuft, wie ihr Vater und seine Getreuen ihr vormachen.
Der zweite Erzählstrang erzählt von Helena, einer Künstlerin, die von einer Anhängerschar als Orakel verehrt wird, weil sie aus einer Laune heraus einige Prophezeiungen gemacht, sie zufälligerweise in Erfüllung gingen. Als Kunstprojekt hat sie die Situation zu einer Art Sekte entwickelt, was sie mittlerweile aber ziemlich langweilt. Die Gesellschaft "da draußen", in der Helena lebt, ist eine leicht dystopische, dennoch vertraute, man kann sich vorstellen, dass es in einem Postdemokratischen Kapitalismus ebenso zugehen könnte.
Zwischen die beiden parallel erzählten Geschichten streut die Autorin Archivschnipsel, von denen man anfänglich nicht ganz weiß, was sie zur Erzählung beitragen sollen, bis sich alles schließlich zusammenfügt und sich die beiden Erzählstränge vereinen.
So sehr mich das Buch auch in seinen Bann gezogen hat, blieb am Ende ein leicht fades Gefühl zurück, die Erzählweise fand ich durchaus interessant, auch die Geschichte hatte Potenzial, es blieb allerdings vieles nur vage und das Ende kam für meinen Geschmack zu plötzlich, ohne dass vorher ein wirklicher erzählerischer Höhepunkt erreicht wurde.