Coming of Age mit dem Plus an Magie

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aennie Avatar

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Der Roman „Aufstieg und Fall des außerordentlichen Simon Snow“ von Rainbow Rowell ist zweierlei: Begleitbuch, ein regelrechtes Spin-Off zum Jugendbuch „Fangirl“ der gleichen Autorin, indem dessen Protagonistin eine Fanfiction zu Simon Snow schreibt, und zugleich eine Geschichte, die auch völlig eigenständig als vollkommen normale, typische Coming-of-Age-Geschichte funktioniert und alle Charakteristika dieses Genres aufweist mit der Besonderheit, dass sie in einer fiktionalen, magischen Welt spielt. Und so sind zuerst einmal auch die Parallelen zu anderen gängigen Buchreihen unübersehbar: ein Zauberinternat, ein Junge, der nichts von seiner magischen Abstammung wusste, eine Sonderstellung, die dieser aufgrund einer Prophezeiung innehat, wer möchte da nicht stöhnend nach ein paar Seiten das Buch zur Seite legen.
Und das wäre falsch, sehr sehr falsch. Simon Snow ist völlig anders. Hier wird keine Zauberschüler-Internats-Kindergeschichte erzählt. Natürlich geht es auch um eine magische Herausforderung, der Simon und seine Freunde begegnen müssen. Der unheilvolle Schatten, der seit Jahren sein Unwesen treibt, trachtet Simon nach dem Leben. Sein Zimmergenosse Baz erscheint nicht zum Unterricht, und Simon fürchtet, dass auch dieser es auf ihn abgesehen hat (wie auch immer) und dann lässt Baz verstorbene Mutter Simon auch noch den Auftrag zukommen, die Umstände ihres Todes aufzuklären. Dazu macht sich Simons Vertrauter, der Schulleiter auch noch immer rarer - also alles völlig normale Rahmenbedingungen eines Schuljahresbeginns auf der Zaubererschule. Und wenn die Zielgruppe hier Kinder wären, dann wäre es damit auch getan. Ist es aber nicht. Und deshalb bietet dieses Szenario nur den Rahmen für eine normale Teenie-Geschichte über Freundschaft, letzte Schuljahre, Erzfeinde, Geheimnisse, Liebe und Beziehungen mit dem Unterschied, dass relativ häufig auch gezaubert wird und merkwürdige Dinge geschehen.
Simon Snow hat mir außerordentlich gut gefallen. Die Entwicklung der Protagonisten und ihrer Beziehungen, Irrungen und Wirrungen ist wirklich gut gelungen. Durch den Erzählstil mit kurzen Kapiteln aus unterschiedlichen Perspektiven entstand in meinen Augen sehr viel Dynamik und der herrliche Zustand, dass man als Leser so wunderbar allwissend wird. All die geheim gehaltenen Umstände und Gefühle über das Innenleben der Protagonisten kennt man so und fiebert der Auflösung entgegen, das mochte ich sehr. Und ich muss sagen, dass dabei für mich auch der „Gehalt“ des Fantasy-Teils zurückstecken musste, er war mir einfach weniger wichtig. Er gehörte zur Handlung und war für mich spannend und schlüssig aufgelöst, weiter hinterfrage ich ihn nicht. Deshalb ist es auch völlig egal, dass wir in Baz, Simons und Pennys letztes Schuljahr platzen und deren magische Abenteuer der letzten Jahre nur erwähnt werden – darum geht es hier nicht. „Simon Snow“ ist keine Zauberergeschichte sondern eine Geschichte, über junge Menschen, die zaubern können, aber eine Menge anderer Probleme haben und lösen, wie jeder andere in dem Alter auch, bevor sie ihr Glück finden. Daher eine klare Leseempfehlung von mir.