Spannend, jedoch stellenweise unglaubwürdig

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Kurz nach seinem letzten Einsatz, in dem er zwei Kinder aus den Fängen eines Geiselnehmers befreien kann, gesteht der Psychiater und forensische Phonetiker Professor Hegel, den Mord an einer Obdachlosen. Irritiert führen ihn die eigenen Kollegen ab, er wird in der Nachfolge verurteilt und sitzt seit einem Jahr im Gefängnis, als die Radiomoderatorin Jula Ansorge auf ihn aufmerksam wird. Durch eine familiäre Tragödie befasst sie sich schon länger mit True-Crime-Storys und betreibt einen eigenen Podcast, der Fall Hegel zieht sie magisch an, doch der Professor verweigert sich einer Zusammenarbeit strikt. Doch Jula gibt nicht auf und begibt sich dadurch in höchste Gefahr.

Oberflächlich betrachtet ist „Auris“ ein spannungsgeladener und interessanter Thriller, schaut man ein wenig hinter die Fassade muss man doch eine etwas hanebüchene Story erkennen. Das sieht man allerdings nur, wenn man unter anderem über ein bisschen medizinisches Wissen verfügt. Hier werde ich leider ein wenig ins Detail gehen müssen.
– SPOILERWARNUNG-
Der Geiselnehmer (am Anfang des Buches) wird nur zum Verbrecher weil er einen Schlaganfall erleidet, sein Gesichtsfeld fällt halbseitig aus, einen Arm kann er nicht mehr bewegen. Er ist verwirrt und aus dieser Verwirrtheit heraus, bedroht er die Kinder mit einem Messer. Hier musste ich wirklich ein wenig mit den Augen rollen. Ein akuter Schlaganfall zeichnet sich nicht nur durch die Lähmung einer Gesichtshälfte aus, sondern betrifft in der Regel auch die gegenüberliegende Körperseite und dann die komplette Lähmung dieser. Dem Geiselnehmer wäre nicht nur ein Gesichtsfeld ausgefallen und ein Arm sondern auch das Bein, was in der Regel zu Folge hat das man fällt und somit kaum eine Bedrohung mehr darstellt. Ebenso ist das Sprachfeld betroffen, bei einer solch massiven Hirnschädigung wäre diese ausgefallen und eine Aphasie (Wortfindungsstörung) wäre die Folge. Der Geiselnehmer hätte also nicht nur eine „verwaschene“ Sprache sondern es wäre völlig unverständliche Wortfetzen gewesen, die er artikuliert hätte.

Spoiler Ende –
Sieht man darüber hinweg ist „Auris“ ein packender Thriller, der sich jetzt zwar nicht von der Masse abhebt jedoch durchaus spannend ist. Leider greifen viele Autoren dieses Genres in letzter Zeit zu wirklich haarsträubenden Mitteln um die Figur ihrer Täter mit besonders bedrohlichen Eigenschaften auszustatten, auch das Duo Fitzek und Kliesch weicht davon bedauerlicherweise nicht ab. Dennoch war er unterhaltsam und flott zu lesen.