Ein Buch wie ein See: Tiefgründig, still und doch bewegt

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Bruder Lukas ist Ende Dreißig und lebt schon seit sechzehn Jahren im Kloster. Seit sein junger Mitbruder und Freund Andreas den Orden verlassen hat, um zu heiraten und eine Familie zu gründen, ist er nun der jüngste unter den teils schon hoch betagten Mönchen.
Lukas ist mit dem Leben im Kloster zufrieden und hat alle Hände voll zu tun, da er mit der Verwaltung des Gästetrakts betraut ist. Und doch beschäftigt ihn Andreas Fortgehen und dessen neues Leben als Ehemann und Familienvater sehr. Er fühlt sich verlassen und verspürt auch etwas Neid auf das weltliche Leben seines ehemaligen Mitbruders.
Zur Klosteranlage gehört auch ein See, dorthin geht Lukas im Sommer fast täglich zum Schwimmen – eine Auszeit für ihn, bei der er seinen Körper und die Natur spüren kann.

Und während sich der heiße Sommer hinzieht, kommen mehrere Dinge zusammen: Die Geburt von Andreas Sohn, der Tod eines von Lukas sehr geschätzter Mitbruders und die Begegnung mit Sarah, einer jungen Frau, die er beim Schwimmen kennen lernt und die ihn sehr tief berührt.
All das führt dazu, dass Lukas beginnt, sich zu fragen, wohin sein Weg ihn führen soll.

Moritz Heger gestaltet seinen Roman weitgehend in einer Art innerem Monolog seiner Hauptperson Lukas, der auch gedankliche Gespräche mit anderen Personen, z.B. Andreas führt.
So ermöglicht der Autor uns tiefe Einblicke in die Empfindungen und Gedanken seiner Hauptperson. Daneben gelingen ihm aber auch intensive Stimmungsbilder, besonders bei den Naturszenen. Außerdem erfahren wir viel über das Alltagsleben in einem Kloster, das von Einkehr und Gebet bestimmt ist und doch durch die Klostergäste, durch das Wirtschaften und Verwalten viele weltliche Elemente hat.
Der Natur, insbesondere dem Schwimmen im See, kommt eine beinahe mystische Rolle zu: Hier vermischt sich die rein körperliche Betätigung mit intensiven Naturerlebnissen und sogar religiösen Erfahrungen vom Getragen-sein. Dass die folgenreiche Begegnung mit Sarah ausgerechnet beim Schwimmen stattfindet, ist kein Zufall.
Und wenn Lukas sich in der Folge viele Fragen über sein Leben stellt, kommen Leserinnen und Leser durchaus auch ins Nachdenken über Gott und die Welt.
Dass Menschen dazu immer wieder die Stille eines Klosters aufsuchen (der Autor nach eigenem Bekunden übrigens auch), versteht man nach dem Lesen des Buches gut.

Insgesamt eine stille und intensive Lektüre, die mich gleichermaßen fasziniert und entspannt hat: Eine Auszeit vom Alltag, die zudem auch einige Denkanstöße bietet.
Empfehlenswert für Freunde ruhiger Töne!