Es gibt sie doch noch, die wahren Sprachkünstler

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kleine hexe Avatar

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Und Moritz Heger ist mit Sicherheit solch ein Künstler.
Danke, Diogenes! Du hast uns durch Moritz Heger ein Sprachkunstwerk beschert. Komplexe Sätze, die sämtliche Möglichkeiten der deutschen Syntax ausschöpfen, reicher Wortschatz, wunderschöne Sprachbilder all dies lässt nur einen Schluss zu: das Buch ist ein wahrer Genuss. So z.B. auf Seite 13: da wird das Betrachten einer Landschaft nicht zum bloßen Schauen, sondern „Man kann mit der Hand des Blicks über sie hinstreichen.“ Oder auf Seite 133 wird der hereinbrechende Tag so beschrieben: „Allmählich wurde es hell, das Schwarz zog sich in meine Kutte zurück“. Diese Metapher des herannahenden Morgens hat mich zum Nachdenken gebracht. Empfindet Bruder Lukas sein Mönchshabit als dunklen Zwang? Oder gewährt er der schönen Nacht die er auf der Bank nachdenkend verbracht hat, Zuflucht in seinem Gewand?
Für Bruder Lukas ist Schwimmen mehr als nur Sport, als Bewegung im Wasser. Beim Schwimmen meditiert er, findet zu sich selbst, findet Antworten, mit denen er leben kann. So erklärt er: „Das Wasser unter mir ist ein Berg, der mich ins Hohlkreuz drückt. Es ist nicht anstrengend, nicht im Geringsten“. Das Wasser als tragenden Berg. Während des Schwimmens und der Stunden, die er auf dem Badesteg verbringt, findet Bruder Lukas Frieden, kann auch mit Andreas Frieden schließen. Andreas hat das Kloster verlassen, geheiratet, einen Sohn gezeugt. Und er hat Bruder Lukas verlassen, der nun die Verantwortung für die greisen Mönche allein tragen muss. Seine inneren Monologe, in denen er Zwiesprache hält, mal mit Andreas, mal mit Pater Alban und später mit Sarah, machen eigentlich die Handlung des Buches aus. Andreas und Alban kommen nicht direkt zu Wort, wir sehen sie nur durch Lukas‘ Augen. Aber Sarah spricht, erzählt von ihrem Leben, laut oder leise. In dieser Beziehung passt sie zu Bruder Lukas. Sie führt auch stumme Zwiegespräche.
Das Ende ist offen. Bruder Lukas muss sich nicht entscheiden, für Frau und Kind oder das Kloster. Es ist als ob dieses entlegene Männerkloster, weit weg von dem Zölibat Streit der katholischen Kirche einen eigenen Weg gefunden hat. Ob die deutschen Kardinäle das auch so sehen?