Selbstgespräche eines Mönchs

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Lukas ist, seitdem sein Freund Andreas eine Familie gegründet hat, der einzige junge Mönch in einer Benediktinerabtei. Der Verlust bringt ihn dazu, sich die Sinnfrage zu stellen. In einem inneren Monolog, nur durch einzelne Dialoge unterbrochen, wendet er sich nahestehenden Menschen zu. Da ist neben dem ehemaligen Bruder Andreas, Sarah, der er sich gefährlich nah fühlt sowie ein Junge, der ins Kloster eintreten möchte. Sein Element ist das Wasser. Im See am Kloster lässt er seine Gedanken schweifen, Wellen schlagen und in die Tiefe sinken.

Der Autor Moritz Heger erzählt authentisch und spannend vom Klosterleben und den Mönchen. Sicherlich sind seine Schilderungen so realistisch, weil er Erfahrungen als Gast im Kloster hat. Es gelingt ihm gut den Glaubens- und Sinnfragen intensiv nachzugehen und dies auf eine neutrale, sogar wertschätzende Art. Das ist thematisch garnicht so einfach bei der vielen Kritik, Missbrauchsvorwürfen und dem Austritt vieler Mitglieder in der katholischen Kirche. Aber vielleicht deshalb umso interessanter?
Heger zeigt das zutiefst Menschliche in den Gottesmännern, macht sie nahbar. Die Einblicke in das Seelenleben des jungen Mönchs Lukas sind sehr tiefgründig und seine Lebensfragen nachvollziehbar, denn sie betreffen alle Menschen. Es geht um Liebe, Verluste und die Beziehung zu sich selbst. Mönch Lukas windet sich, schweift aus und gibt seinen Gedanken Raum. Es wäre leicht, sich in die Gedanken zu verstricken und sich darin zu verlieren. Verhindert wird dies durch die sinnlichen Beschreibungen des Klosteralltages und des Sees sowie den Begegnungen mit Sarah. So steht der Gedankentiefe genügend Realität entgegen.

Die Erzählung ist poetisch und philosophisch. Der Bezug zum See ist ein starkes Sinnbild für die elementaren Lebenfragen. Zudem lockert es die tiefgründige und sehr dichte Erzählung auf. Die Atmosphäre wird dadurch sehr einladend und tröstlich. Es ist beeindruckend wie der Autor Gedankenspiele, kraftvolle Sprachbilder, geniale Wortspiele und sinnliche Beschreibungen zu einem großen Ganzen zusammenfügt. Sprachgewaltig! Zwar sind die Ausführungen nicht immer sofort zu verstehen, müssen vielleicht ein zweites Mal gelesen werden, sind aber in jedem Fall bereichernd. Das Lesen und Verstehen braucht also Zeit. Der Aufbau als innerer Monolog bringt es zudem mit sich, dass alles ineinander übergeht und nicht immer klar ist, an wen sich Lukas gerade richtet. Es fehlt manchmal die Orientierung, die Struktur. Erst im Laufe der Texte benennt Lukas sein Gegenüber. Es ist jederzeit damit zu rechnen, dass er im nächsten Moment mit den Gedanken woanders ist. Es geht von Einem zum Nächsten und in Schleifen zurück.

Die Geschichte und Lukas' Entwicklung hat es in sich, sie geht unter die Haut. Es werden Tatsachen geschaffen. Unerwartet geht es bis zum Äußersten. Das Ende lässt einiges offen. Ganz unerwartet. Das macht die Geschichte so mitreißend.

Ein sprachgewaltiges und tiefgehendes Zwiegespräch über essentielle Lebens- und Glaubensfragen. Sehr anregend und bereichernd.