Vom Wasser geschwommen zu werden

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owenmeany Avatar

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In heutigen Zeiten, wo die Medien einander überbieten, um die Skandale der katholischen Kirche anzuprangern, kommt dieses leise, verhaltene Buch daher und wirft den Fokus auf das Innenleben eines ganz normalen Mönchs. Schonungslos, ehrlich und dabei ganz unspektakulär gewährt er den Lesern Einblick in eine existenzielle Situation, die sich Laien nur schwer vorstellen können und die sich wie ein Mosaik aus lauter kleinen Details zusammensetzt.

Sensationsheischende werden enttäuscht, gerade weil es auch um die aufkeimende Beziehung zu einer Frau geht, erst bei seinem Bruderfreund und dann bei ihm selbst. Erstaunlich, welch starke Empathie den evangelischen Theologen wohl antreibt, um sich des urkatholischen und hochumstrittenen Themas Zölibat so eindringlich zu widmen. In dieser Intensität hebt sich das Buch ab von gewöhnlicher Unterhaltungsliteratur. Ganz schlicht geht es um Liebe, Geburt und Tod.

Vorsicht, Spoiler: das letzte Kapitel fand ich ein bisschen kitschig.

Das Stilmittel ist der innere Monolog, gerichtet unter anderem an den alten Bruder Alban als imaginären Gesprächspartner. Und über all den menschlichen Irrungen ruht eine idyllische Natur, die das Kloster schützend umhüllt und die Heber in all ihrer Sinnlichkeit beschreibt. Mittelpunkt des Ganzen ist der See, der gleichzeitig eine Projektionsfläche für die strauchelnde Seele abgibt.

In seinem Ringen um Exaktheit kreiert der Autor originelle Wortkonstruktionen, man muss deshalb genau und sorgfältig lesen, um nichts misszuverstehen. Ganz lakonisch mischt er alltägliche Beobachtungen mit lebenswichtigen Fragen.

Für spirituell Aufgeschlossene ein inspirierendes Buch.