Die Demontage eines Schriftstellers

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heather_h Avatar

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*MEINE MEINUNG*
Als True-Crime-Fan war ich begeistert, als ich das Buch entdeckt habe und musste es unbedingt lesen.

Das Cover deutet bereits an, dass in diesem Buch das Bild von Jack Unterweger in Einzelteile zerlegt wird, und der Inhalt hält dieses Versprechen.

In diesem nur 117 Seiten starken Büchlein geht es nicht vorrangig um den Mörder Jack Unterweger, auch seine Verbrechen spielen kaum eine Rolle. Vielmehr setzt sich der der Ich-Erzähler kritisch mit dem Schriftsteller Jack Unterweger und seinen Veröffentlichungen auseinander. Er schildert die Faszination, die von ihm ausging, mit der Unterweger die Wiener Kulturszene derart in seinen Bann gezogen hatte, dass sie 1990 seine Freilassung aus dem Gefängnis erwirkt hat, obwohl Unterweger zu lebenslanger Haft verurteilt worden war.

Eindrücklich und nachvollziehbar schildert der Erzähler, wie Unterweger mit seinen Veröffentlichungen Aufmerksamkeit erlangte, hinterfragt seine eigene Rolle in der ganzen Geschichte kritisch, und zeigt auf, wie es dem Mörder gelang, den Schein eines Schriftstellers zu erwecken und aufrecht zu erhalten. Viele Zitate aus Unterwegers Werken runden den Gesamteindruck ab.

Mir gefällt der Schreibstil sehr gut, er ist flüssig zu lesen. Einzig verwirrt hat mich der Ich-Erzähler, der von Malte Herwig in der dritten Person erzählt und auch Unterhaltungen und Interaktionen schildert, obwohl Malte Herwig auf dem Cover als Autor angegeben wird. Im Nachwort wird das Rätsel aufgelöst; meiner Meinung nach hätte das gut in einem Vorwort platziert werden können, da ich auf den ersten Seiten immer wieder inngehalten, geblättert, und mich vergewissert habe, dass ich nichts falsch verstanden habe. Hier hätte mir etwas mehr Orientierung von Anfang an besser gefallen.

*FAZIT*
Eine großartige Demontage des Schriftstellers Jack Unterweger, fundiert, selbstkritisch, lesenswert!