Ein stiller Roman

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anna625 Avatar

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Schon seit einer ganzen Weile schreibt Henriette an ihrer Dissertation, oder besser: sie sollte daran schreiben. Denn sie komm nicht wirklich voran, ihre Arbeit scheint ihr abwechselnd faszinierend und völlig belanglos, es findet sich einfach kein roter Faden, dem sie folgen kann. Dann wird sie schwanger, und obwohl sie anfangs große Gefühle hegt für dieses Kind in ihr und sich sehnlich eine Tochter wünscht, treibt sie das Baby ab. Später reist sie mit einer Freundin in eine abgelegene kleine Hütte, um dort wieder zu Atem zu kommen.

Letzteres, der Aufenthalt in der Hütte, ist der Ausgangspunkt der Geschichte; von dort aus eröffnet der Roman dem Leser nach und nach Einblicke in die Vergangenheit, das Puzzle setzt sich langsam zusammen. Viel Handlung gibt es nicht, es ist mehr die Atmosphäre, welche die Autorin kreiert hat, die den Roman auszeichnet. Die Stagnation in Henriettes Leben, ihre Depression, all das spiegelt sich in der Sprache und der Erzählweise wider und wird auf diese Weise nachempfindbar gemacht. Ich konnte mich auch tatsächlich sehr gut hineinfühlen in die Geschichte, das Buch aufzuschlagen war jedes Mal, als senke sich eine dichte Wolke auf einen herab. Alles wirkt merkwürdig gedämpft, fast wie durch Watte hindurch und in Zeitlupe, oder so als sei man noch halb im Schlaf. So wurden die Gefühle und Gedanken der Protagonistin sehr gut transportiert.

Während Henriette in der sie plötzlich umgebenden Ruhe der Hütte versucht, ihrer Depression zu entkommen, sich endlich darüber klar zu werden, was sie möchte, welcher Weg der richtige für sie ist, liest man parallel dazu davon, wie es zu dieser Situation kam, zu ihrer Schwangerschaft, über die sie sich erst freute und die sie am Ende verzweifeln ließ.

Am Ende hat mir dann doch noch das entscheidende Fünkchen gefehlt, davon abgesehen habe ich die Stille des Romans aber sehr genossen.