Gelungenes Debüt

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Die Ich-Erzählerin Henriette trudelt durchs Leben. Sie versucht ihre Dissertation endlich zu beenden, hadert mit ihrem Lebensweg und muss mit den Folgen einer Abtreibung zurechtkommen, die sie im Nachhinein bereut. Um wieder in die richtige Spur zu kommen, fahren sie und ihre Freundin Paula in eine Waldhütte. Hier zerdenkt sie weiter ihr Dasein, dreht und wendet ihre begangenen Fehler, vergleicht sich mit Paula und am Schluss ändert sich ihr Leben radikal.
Hannah Lühmanns Roman ist aufwühlend. Er beinhaltet Themen, über die lieber geschwiegen wird. Zum einen die ungeplante Schwangerschaft mit ihren Konsequenzen, aber auch das ziellose Umherirren, welches jeder Mensch in seinem/ihren Leben irgendwann erfährt, aber bei anderen nie vermutet. Manchmal konnte ich mich mit Henriette identifizieren, meist aber nicht. Im Verlauf wurde sie mir immer unsympathischer, aber das schadet dem Roman nicht. Er fängt das Herumirren, das sich Entscheiden müssen, das nicht wissen, wo es hingehen soll, sehr gut ein. Die Zweifel, die mit jeder Entscheidung einhergehen und das Verdrängen der wichtigen Themen durch Unwichtiges wird deutlich, so wird das Thema der Dissertation lang und breit ausgeführt, aber die Hintergründe der ungewollten Schwangerschaft nur angerissen. Die Geschichte an sich ist rund, die Auflösung schlüssig, dafür musste ich die Protagonistin nicht mögen und hätte das Ende wohl auch nicht so hingenommen, wäre da ein Gefühl von Wohlwollen ihr gegenüber gewesen. Allerdings haben mich Kleinigkeiten irritiert, wie die halbvolle Flasche Whiskey, die zurückgestellt wird, obwohl zuvor der letzte Schluck eingeschenkt wurde.
Sprachlich fand ich den Roman gut, thematisch wichtig, aber leider nicht so auf den Punkt, wie er hätte sein können. Trotzdem als Debüt gelungen und ich hoffe Hannah Lühmann schreibt und veröffentlicht weiter.