Kleinod!

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mike nelson Avatar

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Ein wahres Kleinod - regelrecht traurig war ich, als dann doch die letzte Seite gelesen war. Es hätte gar kein Ende geben müssen - und eine gute Gesachichte hört ja auch nicht einfach so auf, vielmehr dauert sie fort - zumindest in den Köpfen der Leser:innen. Es war ein Ausschnitt aus dem Leben der zweiundzwanzigjährigen Henriette. Orientierungslos im Leben; eine Schwangerschaft mit einer Abtreibung beendet; mitten in einer Promotion zum Thema 'Werwölfe'. Eine 'Auszeit' nehmend - in einer Waldhütte mit ihrer Freundin Paula (für die Henriette Bewunderung empfindet). Hannah Lühmann zeichnet eine Protagonistin, die immer nur weiß, was und wie sie nicht ist - ganz im Gegensatz zu ihrer Freundin Paula, die stets ganz bei sich zu sein scheint. Henriette scheut davor zurück, Entscheidungen zu treffen, schaut ihrem eigenen Leben aus der Perspektive einer Außenstehenden zu; es müsse doch etwas kommen, dass ihrem Leben eine Form gibt und sie verwandelt. So ist der Werwolf als Promotionsthema ein Bild mit Symbolkraft; Wandlung ist das zentrale Motiv. Am Ende schließlich bricht Henriette ihre Promotion ab; sie muss nicht mehr über ein 'Wandelwesen' schreiben, weil sich ihr Leben durch die Geburt einer Tochter gewandelt hat: Während der 'Auszeit' hat sie Sex mit Paulas Freund Tom, ist im Anschluss (was nicht näher ausgeführt wird) wohl auch einige Zeit mit ihm zusammen, hat ihrem Leben aber nun mit der Mutterrolle endlich die so lang ersehnte Form gegeben. Hannah Lühmann gelingt es, mit wenig Text eine großartige Geschichte zu erzählen.