Hochemotionale Lektüre
Für andere sorgen bis zur Selbstaufgabe - das tun viele, und es ist eine der größten Leistungen, die man bringen kann. So auch Ava, die Protagonistin von Vera Zischkes Debütroman. Wir begleiten sie über einen Zeitraum von vielen Jahren, und genau das ist eine der großen Stärken des Romans.
Dreifache Mutter sein heißt, vor deinen eigenen Bedürfnissen stehen vier andere Personen, die erstmal zufrieden gestellt werden wollen. Da bleibt nicht viel übrig für dich, die fünfte Person in deinem Alltag. Obwohl du, Ava, vergleichsweise privilegiert bist. Dein Mann verdient alleine genug, dass du selbst entscheiden konntest, zwölf Jahre daheim zu bleiben. Seit der Kleinste auch betreut wird, hast du die Vormittage für dich - obwohl wir natürlich alle wissen, was das heißt: Planung, Haushalt, usw. Allerdings, Ava, findest du irgendwann trotz der langen Jahren Jobpause wieder eine Beschäftigung in deinem gelernten Arbeitsumfeld, das dich erfüllt - und du *müsstest* auch nicht arbeiten aus wirtschaftlichen Gründen, sondern tust das zur Selbstverwirklichung. So sehr ich das nachvollziehen kann und bewundere, so sehr denk ich mir beim Lesen "Meine Güte, check deine Privilegien!"
Die Affäre führst du erstmal nebenbei, an einem deiner freien Vormittage. Den deutlich jüngeren, natürlich wunderschönen Mann hast du doch tatsächlich ein bisschen gestalkt, um deinem Glück auf die Sprünge zu helfen, und letztlich wird er der Schwimmlehrer deiner Tochter - und deiner. Freiwillig begibst du dich in eine so verletzliche Situation und der feste Schimmtrainingstermin rettet dich über die monotone Restwoche.
Doch nach und nach weitet eure Beziehung sich auch zeitlich aus, und ich frage mich, wtf?! Wer bitte holt die Kinder ab, bekocht sie, etc? Die 12jährige? Der Vater ist "überraschend früh" daheim, wurde also nicht einkalkuliert. Für die Aussage der Geschichte ist das vielleicht nicht wichtig, aber wenn die Lese-Zielgruppe Mütter sein sollen, springt der(en) Planungsradar sofort an.
Ihr seht schon, obwohl ich das Buch mochte, macht mich das Innenleben und Verhalten der Protagonistin stellenweise schon wütend. Klar, als Mama mariniert man irgendwann in seinen eignen, immer wiederkehrenden Gedankenschleifen und kann sich so schon mal verrennen, aber trotzdem... die Rahmenbedingungen von Ava sind so, wie viele sie sich erträumen würden; bis auf die lieblose Ehe, die aus Nebeneinanderherleben besteht.
Ein klassischer Fall von: ich will alles haben, und noch mehr. Die Entscheidung, die ich vor zwölf, vor zehn und vor fünf Jahren traf, soll bitte nicht einfach alles beeinflussen. Die Aussage auf dem zweiten Zitat-Slide ist halt hart: aber die Zeit, die in die Affäre geflossen ist, hätte auch in Filme oder Bücher fließen können, die Frage ist halt, was man als Selfcare definiert. Ich frage mich beim Tippen dieser Zeilen, ob hier irgendeine internalisierte Misogynie bei mir durchkommt; würde ich einen männlichen Protagonisten auch ähnlich beurteilen? Das Buch hat echt was mit mir gemacht, und das ist es glaube ich auch, was Vera Zischke will: Emotionen hochkochen lassen!
Ich hab den Roman sehr gern gelesen, bin durchgeflogen (btw mein Teil an Selfcare trotz Mamasein :D). Weibliche Selbstermächtigung trotz Mutterschaft ist ein wahnsinnig wichtiges Thema! An diesen paar Logiklöchern bleibe ich allerdings hängen, denn genau an denen bliebe eine Mutter in der Realität auch hängen. (Affäre im Schwimmbad zB? Da braucht man ja für jedes Treffen erstmal zwei Stunden Vorbereitungszeit :D ABER aus feministischer Perspektive finde ich es super, dass Körper und Optik wenig Platz im Buch zugestanden wird!) Doch die vielen unheimlich treffenden Stellen und Sätze, die ich markiert habe, machen das wett, und ich glaube, man kann auch ein Buch toll finden, ohne die Protagonistin toll zu finden.
Dreifache Mutter sein heißt, vor deinen eigenen Bedürfnissen stehen vier andere Personen, die erstmal zufrieden gestellt werden wollen. Da bleibt nicht viel übrig für dich, die fünfte Person in deinem Alltag. Obwohl du, Ava, vergleichsweise privilegiert bist. Dein Mann verdient alleine genug, dass du selbst entscheiden konntest, zwölf Jahre daheim zu bleiben. Seit der Kleinste auch betreut wird, hast du die Vormittage für dich - obwohl wir natürlich alle wissen, was das heißt: Planung, Haushalt, usw. Allerdings, Ava, findest du irgendwann trotz der langen Jahren Jobpause wieder eine Beschäftigung in deinem gelernten Arbeitsumfeld, das dich erfüllt - und du *müsstest* auch nicht arbeiten aus wirtschaftlichen Gründen, sondern tust das zur Selbstverwirklichung. So sehr ich das nachvollziehen kann und bewundere, so sehr denk ich mir beim Lesen "Meine Güte, check deine Privilegien!"
Die Affäre führst du erstmal nebenbei, an einem deiner freien Vormittage. Den deutlich jüngeren, natürlich wunderschönen Mann hast du doch tatsächlich ein bisschen gestalkt, um deinem Glück auf die Sprünge zu helfen, und letztlich wird er der Schwimmlehrer deiner Tochter - und deiner. Freiwillig begibst du dich in eine so verletzliche Situation und der feste Schimmtrainingstermin rettet dich über die monotone Restwoche.
Doch nach und nach weitet eure Beziehung sich auch zeitlich aus, und ich frage mich, wtf?! Wer bitte holt die Kinder ab, bekocht sie, etc? Die 12jährige? Der Vater ist "überraschend früh" daheim, wurde also nicht einkalkuliert. Für die Aussage der Geschichte ist das vielleicht nicht wichtig, aber wenn die Lese-Zielgruppe Mütter sein sollen, springt der(en) Planungsradar sofort an.
Ihr seht schon, obwohl ich das Buch mochte, macht mich das Innenleben und Verhalten der Protagonistin stellenweise schon wütend. Klar, als Mama mariniert man irgendwann in seinen eignen, immer wiederkehrenden Gedankenschleifen und kann sich so schon mal verrennen, aber trotzdem... die Rahmenbedingungen von Ava sind so, wie viele sie sich erträumen würden; bis auf die lieblose Ehe, die aus Nebeneinanderherleben besteht.
Ein klassischer Fall von: ich will alles haben, und noch mehr. Die Entscheidung, die ich vor zwölf, vor zehn und vor fünf Jahren traf, soll bitte nicht einfach alles beeinflussen. Die Aussage auf dem zweiten Zitat-Slide ist halt hart: aber die Zeit, die in die Affäre geflossen ist, hätte auch in Filme oder Bücher fließen können, die Frage ist halt, was man als Selfcare definiert. Ich frage mich beim Tippen dieser Zeilen, ob hier irgendeine internalisierte Misogynie bei mir durchkommt; würde ich einen männlichen Protagonisten auch ähnlich beurteilen? Das Buch hat echt was mit mir gemacht, und das ist es glaube ich auch, was Vera Zischke will: Emotionen hochkochen lassen!
Ich hab den Roman sehr gern gelesen, bin durchgeflogen (btw mein Teil an Selfcare trotz Mamasein :D). Weibliche Selbstermächtigung trotz Mutterschaft ist ein wahnsinnig wichtiges Thema! An diesen paar Logiklöchern bleibe ich allerdings hängen, denn genau an denen bliebe eine Mutter in der Realität auch hängen. (Affäre im Schwimmbad zB? Da braucht man ja für jedes Treffen erstmal zwei Stunden Vorbereitungszeit :D ABER aus feministischer Perspektive finde ich es super, dass Körper und Optik wenig Platz im Buch zugestanden wird!) Doch die vielen unheimlich treffenden Stellen und Sätze, die ich markiert habe, machen das wett, und ich glaube, man kann auch ein Buch toll finden, ohne die Protagonistin toll zu finden.