Gnade und Fluch des Vergessens

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Damals, 1986 war Baba Dunja schon über 50 als sie ihre Heimat verlassen musste. Nun lebt sie wieder in Tschernowo in ihrem alten Haus. Sie ist, in die nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl, immer noch hoch verstrahlte Todeszone zurückgekehrt. Zusammen mit wenigen Anderen, meist Älteren erzählt die ehemalige medizinische Hilfsschwester aus ihrem Alltag und das auf eine äußerst ansprechende Art und Weise. Ihre Tochter Irina ist Ärztin in Deutschland, doch von ihrer Enkelin Laura kennt sie nur Fotos. Sie kommt sie nicht über den Sommer besuchen, so wie früher immer die Kinder für die langen Ferien ins Dorf kamen. Fast 30 Jahre ist das Unglück her, einerseits kann ich mich noch gut daran erinnern, andererseits klappt aber auch die Verdrängung sehr gut. Bei der ganzen Diskussion um die Energiewende und den Atomausstieg nötigt sich mir beim Lesen der LP wieder der Gedanke auf, dass auch ich in einer möglichen Todeszone lebe, in der Nähe des Reaktors von Tihage, der noch 10 Jahre am Netz bleiben soll und bereits Risse aufweist. Die Gnade des Verdrängens und Vergessens kann manchmal auch ein Fluch sein und ein Buch wie dieses, auch wenn es kein politisches Sachbuch, sondern die Geschichte einer einfachen Frau ist, erinnert einen wieder.