Enttäuschend: Verzweifelte, lächerliche Protagonistin und kaum Handlung!

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Inhalt

Cassandra und Ethan lernen sich 2007 beim Aufnahmeverfahren für eine renommierte Schauspielschule kennen und lieben. Doch seitdem ist viel geschehen. In der Gegenwart sollen die beiden die Hauptrollen einer Theateraufführung spielen, doch während sie sich auf der Bühne küssen, herrscht hinter den Kulissen Streit und Misstrauen. Woran ist ihre Beziehung damals zerbrochen? Und was hat Ethan Cassie nur angetan, dass sie ihn so hasst?


Meine persönliche Meinung

Ein Buch, das Romeo und Julia angelehnt ist, damit kann man doch als Fan tragischer Liebesgeschichten gar nichts falsch machen. Dachte ich.

Doch zuerst zum Schreibstil. Dieser ist unauffällig und lässt sich Aufgrund seiner (oft zu starken) Einfachheit wenigstens schnell lesen. Manches Mal punktet er durch die detaillierte Schilderung der Mimik und Gestik der Personen, an anderen Stellen nervt er mit dem ständigen Einsatz von Wörtern wie "total" und "komplett".

Die Handlung und Spannung des Buches haben eines gemeinsam: Sie sind beide fast gar nicht vorhanden. Es gibt kaum Handlung, und die Geschichte aus der Vergangenheit ist jener in der Gegenwart teilweise so ähnlich, dass ich sie manchmal nur aufgrund der vorne im Kapitel angegebenen Jahreszahlen auseinanderhalten konnte. Die ganze Geschichte lang geht es nur darum wie und wann sich die Hauptpersonen wohl kriegen. Keine Subplots, keine tiefere Bedeutung, nur nerviges Hin und Her. Wenn schon auf Romeo und Julia angespielt wird, erwarte ich zumindest ein bisschen Drama. Wer weiß, vielleicht kommt das ja im zweiten Teil. Die Dialoge könnte man mit folgenden Aussagen zu einem großen Teil zusammenfassen: Cassandra: "Ich will mit dir zusammen sein!" Ethan: "Nein, ich kann dir nicht geben, was du brauchst!" Ah ja. Hätte Ethan die Entscheidung, was Cassandra braucht, einmal lieber ihr überlassen, dann hätten wir uns einige Seiten und viele peinliche Gedanken Cassandras (dazu gleich mehr) erspart. Der einzige Grund dafür, dass ich wirklich weitergelesen habe, war, dass ich wissen wollte, warum ihre Liebe damals zerbrochen ist und was Ethan Cassie angetan hat, dass ihr Vergöttern in Hass umgeschlagen hat.

*** Achtung Spoiler!!! *** Und – böse Überraschung – genau das wird einem auch noch vorenthalten, weshalb sich diese vielen Seiten noch weniger gelohnt haben. *** Spoiler Ende! ***

Nun zu den Personen. Die wenigsten davon wirken dreidimensional, vielen Klischees kann nicht aus dem Weg gegangen werden. Ethan fand ich sehr viel sympathischer als Cassandra. Seine innerliche Zerrissenheit habe ich ihm wenigstens meistens abgenommen, und wenn er wütend war, fand ich es irgendwie süß. Schade allerdings, dass er die ganze Zeit über ein Rätsel bleibt. Man erfährt nicht, warum er sich in der Gegenwart so verändert hat.

Aber jetzt zu Cassandra. Der Titel "anstrengendste Protagonistin" geht in diesem Monat (wenn nicht sogar in diesem Jahr, aber da ich nicht weiß, was noch kommt., möchte ich nicht zu voreilig sein) auf jeden Fall an sie. Dabei ist "anstrengend" noch ein relativ freundliches Wort für das, was ich die ganze Zeit ihr gegenüber gefühlt habe. Schon lange fand ich eine Person in einem Buch nicht mehr so lächerlich wie Cassandra. Die Frau, die in den ersten Seiten des Romans noch intelligent und tough wirkte, verwandelte sich beim Lesen immer mehr in ein triebgesteuertes, peinliches, unreifes Mädchen. Cassandras Gedanken kreisen zu gefühlten 90% um Ethan, davon zu 80% um Sex mit Ethan. Ehrlich, was sie in ihr Tagebuch geschrieben hat, war schon teilweise zum Fremdschämen. Manche Gedanken sollte man in seinem Kopf behalten, so muss sie wenigstens niemand lesen. Ihre Gedanken waren so verzweifelt und von erotischen Tagträumen dominiert, das war weder normal noch unterhaltend. Noch dazu ist sie Jungfrau, wie kann sie etwas so sehr vermissen, was sie noch nie erlebt hat? Gefühlte tausendmal musste ich lesen, wie unglaublich heiß Ethan heute wieder in seinem Pulli / T-Shirt / ja sogar Unterhemd aussieht, und war irgendwann echt genervt. Einmal ist er sogar krank und hat Fieber und sie kann trotzdem nur die ganze Zeit daran denken, was sie gerne mit ihm tun würde. Einmal gibt sie sogar zu, dass das nicht normal ist - aber das macht die ganze Sache nicht verständlicher.

Die Liebesgeschichte hat sich für mich sehr gezogen, es gab kaum Fortschritte und es dauerte ewig bis etwas passierte. Aber dieses Hin und Her geschah nicht auf lustige, spannende Weise wie es zum Beispiel in „Kirschroter Sommer“ der Fall war, sondern auf anstrengende Art. Viele Dinge wiederholen sich immer wieder. Zwischendurch gab es aber auch sehr gelungene Szenen, in denen die Anziehung zwischen den beiden und ihre Gefühle gut geschildert wurden. Die Romantiker unter uns sollten auch wissen, dass es sich bei dieser „Liebe“ (zumindest in diesem Band) eigentlich hauptsächlich (wenn nicht nur) um körperliche Anziehung handelt, auch geistiger Ebene vertragen sie sich eigentlich nicht gut. Süßes verliebt sein vermisst man hier ebenso wie romantische Worte oder Gesten – man bekommt dafür eine Menge sexueller Anspielungen.

Richtig gut gefallen hat mir an diesem Buch allerdings der Humor. Nur in den seltensten Fällen wirkt er so als hätten sich die Dialoge beim Schreiben verselbstständigt, meistens hingegen ist er wirklich lustig und treffend. Schlagfertige Antworten und auch Cassandras Gedanken entlocken einem hin und wieder ein kleines Schmunzeln.


Mein Fazit

Wenig Handlung, keine Antworten, eine anstrengende, (sehr) verzweifelte jungfräuliche Protagonistin und eine Menge unnötiges Hin und Her. Der einfache Schreibstil und der durchaus gelungene Humor können das leider auch nicht mehr retten. Ich hatte mir wirklich mehr erwartet und wurde enttäuscht.

Wer sagt, ein bisschen Fremdschämen und eine Hauptperson, deren Gedanken sich den ganzen Tag nur um Ethan oder um Dinge, die sie mit diesem tun will, drehen, gehören für ihn zu einem guten Roman, der ist hier goldrichtig. Allen anderen und vor allem Romantikern rate ich, lieber einen großen Bogen um diese Geschichte zu machen. Es geht hier vorrangig um körperliche Anziehung, nicht um Liebe.

Übersicht

Erzählstil: Ich-Erzähler, Präsens;
Perspektive: aus weiblicher Perspektive (Cassandra)

positiv:
* gelungener Humor
* manche Szenen zwischen den Hauptpersonen waren gut geschrieben, Emotionen spürbar
* einfacher Schreibstil lässt sich schnell lesen

negativ:
* Schreibstil zu unauffällig, oft zu einfach, Verwendung von Lieblingsworten („total“, „komplett“)
* sehr wenig Handlung
* Erzählung zweier Geschichten, die sich zu ähnlich sind (vieles wiederholt sich immer wieder)
* unbefriedigendes Ende, weil man keinerlei Antworten bekommt
* unglaublich anstrengende, verzweifelte Protagonistin
* Cassandras Gedanken beinhalten eine übertriebene lächerliche Menge an sexuellem Verlangen
* Spannung kaum vorhanden
* ständiges nerviges Hin und Her, hätte gekürzt werden können
* viele Klischees können nicht umgangen werden


Bewertung:

Idee und Inhalt: 5 /10
Ausführung: 3 /10
Schreibstil: 5 / 10
Personen: 5 /10
Protagonistin: 2 /10

Zusatzkriterien bei diesem Buch:
Liebesgeschichte: 6 / 10
Humor: 7 / 10

Insgesamt:

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Ich vergebe 2 Lilien!

Ist dieses Buch Teil einer Reihe? – Teil #1 der Dilogie „Bad Romeo und Broken Juliet“.