Alina Bronsky „Barbara stirbt nicht“

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Alina Bronsky „Barbara stirbt nicht“

256 Seiten | 09.09.2021 | Kiepenheuer&Witsch | 20,00 €

» Inhalt
Walter und Barbara Schmidt sind seit jeher verheiratet. Zwar war es keine Hochzeit aus Liebe, dennoch haben sich die beiden arrangiert und eine, wie man sagen kann, glückliche Ehe geführt. Dabei hatte jeder seine Aufgabe, Herr Schmidt sorgte für das Einkommen und Frau Schmidt kümmerte sich um den Haushalt und die Kinder. Krank waren beide dabei nie, sie konnten sich stets aufeinander verlassen. So schaffte es Walter Schmidt, das Rentenalter zu erreichen, ohne sich jemals selbst einen Kaffee zuzubereiten oder sich etwas zu Essen zu machen, geschweige denn Wäsche zu waschen, zu staubsaugen oder sonstige Tätigkeiten im Haushalt zu übernehmen. Die Küche war Barbaras reich und Herr Schmidt setzte nur einen Fuß hinein, um zu essen.

Doch eines Morgens wacht Walter Schmidt auf und irgendetwas stimmt nicht… Barbara steht einfach nicht mehr auf. Herr Schmidt ist nun gezwungen, sich mit den alltäglichen Aufgaben als Hausmann zu beschäftigen sowie ein fürsorglicher Ehemann zu sein und lernt dabei mehr über sein Leben, als er es hätte jemals für möglich gehalten.

» Erster Satz
❞ Als Herr Schmidt Freitagfrüh aufwachte und den Kaffeeduft vermisste, dachte er zuerst, dass Barbara im Schlaf gestorben sein könnte.❝

» Meine Meinung
Das Cover und der Titel des Buches haben mich direkt neugierig gemacht. Nach einer kurzen Leseprobe war ich dann total begeistert. Die Autorin Alina Bronsky schaffte es auf wenigen Seiten, mich so in die Geschichte mitzunehmen, dass ich direkt weiter lesen wollte, um Walter Schmidt auf seinem Weg in sein „neues“ Leben zu begleiten. Mit einem staubtrockenen Humor und dennoch sehr gefühlvoll beschreibt sie die Ehe eines Paares, welches nie daran gedacht hatte, dass einmal der Tag kommen könnte, an dem sich etwas in ihrem Leben verändern könnte.

Der Roman ist aus der Sicht von Walter Schmidt geschrieben und die Autorin beschreibt aus seiner Perspektive die Ehe mit Barbara, das Verhältnis zu seinen Kindern und seiner Umwelt. Der Schreibstil von Alina Bronsky ist sehr leicht und angenehm zu lesen. Man will das Buch kaum mehr aus der Hand legen. Sie beschreibt die Charaktere, Situationen und Umgebungen wirklich toll und schafft eine direkte Verbindung zu der Gefühlswelt von Herrn Schmidt sowie seiner Beziehung mit der Familie herzustellen. Selbst wenn seine Gedanken auf den ersten Blick sehr einfach gestrickt zu sein scheinen, gefällt es mir durchaus sehr gut, dass man hier zwischen den Zeilen lesen muss, um den tieferen Kern des Hauptcharakters zu entschlüsseln. Alina Bronsky schafft es in ihrem Roman authentische Protagonisten „von nebenan“ zu schaffen.

Neben den Charakteren gefällt mir aber auch der Handlungsstrang wirklich hervorragend. Man erlebt mehrer Monate im völlig umgekrempelten Leben von Herrn Schmidt und beobachtet die stetige Weiterentwicklung seiner doch etwas verschrobenen Persönlichkeit. Auch wenn die Geschichte ziemlich stringent voranschreitet, konnte die Autorin mich auch mit unvorhersehbaren Twists wirklich überraschen. Die realitätsnahen Situationen wurden sehr gut umgesetzt und auch das Ende, obwohl es dann doch schneller und ganz anderes kam als ich vermutet hatte, konnte ein sehr positives und wohliges Gefühl bei mir hinterlassen.

» Fazit
Mich hat die Geschichte richtig gefesselt und auch im Nachhinein noch eine ganze Weile beschäftigt. Ich musste immer wieder über Walter Schmidt und sein Leben nachdenken und war am Ende tatsächlich etwas traurig, dass das Buch so schnell zu Ende gelesen war. Die Autorin hat es geschafft, einen Roman zu schreiben, der einen auf der einen Seite immer wieder zum Schmunzeln bringt, aber gleichzeitig auch zu tiefgreifenderen Überlegungen anregt. Wirklich ein tolles Buch, welches auf jeden Fall in meinem Bücherregal einen festen Platz bekommt, damit ich es irgendwann noch einmal lesen kann.

Meine Bewertung:
★★★★★
(5*)