Das bisschen Haushalt…

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Barbara stirbt nicht …

Diane Jordan

In meinem neuesten Roman „Barbara stirbt nicht“ von Alina Bronsky geht es turbulent zu. Eine langjährige Ehe, wie sie wohl einige, aus der Beobachtung oder im näheren Umfeld nur zu gut kennen. Mich zumindest, hat es sofort irgendwie an meinen verstorbenen Papa erinnert. Der wusste auch nicht wie man die Spülmaschine, Waschmaschine oder den Staubsauger bedient und hat sich diesbezüglich auch jahrzehntelang auf meine Mama verlassen. Die Romanfigur Walter Schmidt ist genau so ein Exemplar. Seine bessere Hälfte Barbara hat vorher den gesamten Haushalt geschmissen, dies ist ihr nun aber leider nicht mehr möglich. Herr Schmidt krempelt sein Leben daher noch einmal komplett um. Die Bestsellerautorin erzählt den Plot gekonnt und mit viel bitterbösem Witz. Der Schreibstil ist flüssig, voller Gefühl und humorvoll. Der vorher distanziert wirkende Walter ist plötzlich Pfleger, Hausmann und fürsorglicher Gefährte für seine Barbara, obwohl das vorher nie der Fall war. Und er lernt Dinge, die er vorher gern seiner Barbara überlassen hat. Diesen Weg als Leserin mit zu verfolgen ist ungewöhnlich und neu für mich. Und ich bin froh, dass ich einen modernen Partner habe, der mich immer und überall unterstützt. Aber früher oder auch im Buch war das oft anders. Putzen, Haushalt, Kochen oder Kinder war meist den Frauen vorbehalten, die Männer hielten sich zurück und überließen diesen Kampfplatz ihren Frauen. Und es gab in den Siebzigern sogar einen Schlager, an den ich mich nur zu gut erinnere ;-), „Das bisschen Haushalt“ von Johanna von Koczian. Für mich hat er bis heute nicht an Aktualität eingebüßt und ist in älteren Ehen wohl so noch an der Tagesordnung. Diese Ungleichverteilung erfährt nun auch Walter Schmidt als seine Ehefrau Barbara schwer erkrankt. Sein Leben und das von Barbara wird komplett auf den Kopf gestellt. Das bei diesem unfreiwilligen Neuanfang einiges schief geht, kann man sich sicherlich denken. Und wie im richtigen Leben gelten plötzlich andere und neue Maßstäbe. „Gleichheit und Gerechtigkeit“, lassen mich als Leser, durch diesen Roman über solche Missstände in „alten“ Ehen nachdenken. Das Cover erachte ich ebenfalls als sehr gelungen. Zitronengelb und heiter, wirkt das Chaos des verschütteten Kaffeepulvers im Filter konträr und als Betrachter schießen mir einige Fragen durch den Kopf, die aber beim Lesen alle beantwortet wurden. Nicht zuletzt die Wandlung, die Herr Schmidt auf seine alten Tage noch durchmacht und die einen als Leserin hoffen lassen. Denn für eine Neuorientierung und Verhaltensverbesserung ist es „fast“ nie zu spät.

Inhalt:
Herr Schmidt taut auf.

Walter Schmidt ist ein Mann alter Schule: Er hat die Rente erreicht, ohne zu wissen, wie man sich eine Tütensuppe macht und ohne jemals einen Staubsauger bedient zu haben. Schließlich war da immer seine Ehefrau Barbara. Doch die steht eines Morgens nicht mehr auf. Und von da an wird alles anders.

Mit bitterbösem Witz und großer Warmherzigkeit zugleich erzählt Alina Bronsky, wie sich der unnahbare Walter Schmidt am Ende seines Lebens plötzlich neu erfinden muss: als Pflegekraft, als Hausmann und fürsorglicher Partner, der er nie gewesen ist in all den gemeinsamen Jahren mit Barbara. Und natürlich geht nicht nur in der Küche alles schief. Doch dann entdeckt Walter den Fernsehkoch Medinski und dessen Facebook-Seite, auf der er schon bald nicht nur Schritt-für-Schritt-Anleitungen findet, sondern auch unverhofften Beistand. Nach und nach beginnt Walters raue Fassade zu bröckeln – und mit ihr die alten Gewissheiten über sein Leben und seine Familie.

»Barbara stirbt nicht« ist das urkomische Porträt einer Ehe, deren jahrzehntelange Routinen mit einem Schlag außer Kraft gesetzt werden, und ein berührender Roman über die Chancen eines unfreiwilligen Neuanfangs.

»Barbara war perfekt, dachte er überrascht. Natürlich gab es auf der Welt noch mehr alte Frauen, schon wegen der Statistik, aber Herr Schmidt hatte sie alle gesehen: kein Vergleich zu Barbara.«


Autorin:
Alina Bronsky wurde 1978 in Jekaterinburg, Russland geboren und lebt seit ihrer Kindheit in Deutschland. Ihr Debütroman „Scherbenpark“, der unter anderem für den Jugendliteraturpreis nominiert war, wurde auf Anhieb zu einem Bestseller und für das Kino verfilmt. Es folgten weitere hocherfolgreiche Bücher, zuletzt der Roman „Baba Dunjas letzte Liebe“, der lange auf der Spiegel-Bestsellerliste stand und für den Deutschen Buchpreis nominiert war. Alina Bronsky lebt mit ihrer Familie in Berlin.


Weitere Bücher:
Und du kommst auch drin vor, Baba Dunjas letzte Liebe, Spiegelriss, Spiegelkind, Das Geschenk, usw.


Fazit: **** Der Roman „Barbara stirbt nicht“ von Alina Bronsky ist bei Kiepenheuer & Witch verlegt worden. Das gebundene Buch hat 256 urkomische Seiten die mit bitterbösem Witz erzählt werden.