Der etwas andere Roman.

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
car Avatar

Von

Walter Schmidt ist plötzlich auf sich alleine gestellt als er eines Morgens aufwacht und nicht den Geruch des frisch gekochten Kaffees riecht, sondern seine Frau auf dem Badezimmerboden liegend vorfindet. Seitdem möchte Barbara kaum etwas essen oder trinken und hütet das Bett. Deshalb muss Herr Schmidt nun ihre Aufgaben übernehmen und sagen wir so viel: er schlägt sich wacker.

Nach der Leseprobe war ich irgendwie gleichzeitig entsetzt und fasziniert. Dies hat sich durch die ganze Geschichte durchgezogen. Die Dynamik zwischen dem Ehepaar hat aus Walter Schmidt einen Mann gemacht, der kaum in der Lage ist für sich selbst zu sorgen. Er weiß nicht, wie man Kaffee kocht noch wie man Mahlzeiten zubereitet. Jahrzehntelang hat er sich ganz in Barbaras Hände begeben ohne je etwas aus ihrem "Tätigkeitsbereich" zu übernehmen oder hinzuzulernen - in diesem Haushalt gibt es eine ganz klare Rollenverteilung.
Nachdem sich die Situation um Barbara nach den ersten Tagen kaum verbessert und die Kinder immer öfter vorbeikommen, entdeckt Walter Schmidt einen Fernsehkoch für sich und folgt seinen Rezepten akribisch wie einer Bauanleitung. Dies führt aber, sehr zum Erstaunen des Bekanntenkreises, der Kinder und Barbara, zu großem Erfolg, denn was Herr Schmidt kocht, das schmeckt.
Über Barbaras Krankheit erfährt man nicht wirklich etwas, denn beide verdrängen sehr viel und wollen nicht wahr haben, wie schlecht es um ihr Wohlergehen steht.

Wie bereits beschrieben ist das Buch für den Leser zugleich entsetzend, aber auch faszinierend. Dabei ist die Geschichte meines Erachtens noch nicht einmal so abwegig, denn wie viele Männer gibt es, die sich von der Frau verpflegen lassen und noch nie etwas im Haushalt getan haben? Wie viele Menschen gibt es, die dann plötzlich auf sich selbst gestellt sind mit ihren veralteten Lebensansichten?
Umso erstaunlicher ist es dann, wenn die Person eine 360-Grad-Wende vollführt und die Rollen plötzlich wie vertauscht sind...

Das Buch ist auf eine stumpfe, trockene Art humorvoll und lebt von einer gewissen Situationskomik, die Herrn Schmidt oftmals nicht einmal bewusst ist, dafür den Leser umso mehr schmunzeln lässt.
Schade fand ich allein, dass am Ende so viele Dinge ungeklärt und offen bleiben. Allerdings passt es zum Stil des Buchs, das viele Themen unterschwellig und verdeckt behandelt anstatt direkt darauf anzusprechen.
Ich empfehle es jedem, der Lust hat ein Buch zu lesen, das etwas anders ist. Anders in der Herangehensweise, anders in der Thematik, irgendwie gut anders. Vielleicht erkennt so mancher sich auch selbst in Barbara und Walter Schmidt wieder?