Ekel Walter

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raganiuke Avatar

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Barbara stirbt nicht, zumindest redet Herr Schmidt sich das selbst ein und reagiert unwirsch auf die lästigen Nachfragen von Barbaras zahlreichen Bekannten nach dem Befinden seiner Frau. Umso beharrlicher versucht der alte Grantler, der bislang um alles, was mit Haushaltsführung auch nur im Entferntesten zu tun hat, einen weiten Bogen gemacht hat, seine Frau, die nach einem Schwächeanfall das Bett nicht mehr verlässt, wieder auf die Beine zu bringen und diesen tückischen Haushalt in den Griff zu bekommen.
Barbara macht allerdings keine Anstalten, wieder aus dem Bett zu kommen, und alle anderen scheinen das auch zu wissen, Herr Schmidt jedoch schaltet auf stur, was er offenbar am besten kann.
Am Anfang hat er noch nicht einmal eine Vorstellung davon, wie man Kaffee kocht, am Ende meistert er selbst komplizierte Gerichte mit Bravour, immer in der Hoffnung, Barbara zum Essen zu bewegen. Dass ihm dabei ausgerechnet zynische Kochsendungskommentatoren im Internet und ein gelangweiltes, mürrisches Mädchen helfen, hätte er sich sicher früher nicht träumen lassen. Wie eine Zwiebel schält man beim Lesen Schicht um Schicht von der Ehe zwischen Barbara und Herrn Schmidt und erhält erst gegen Ende einen vollständigen Einblick in die Geschichte der beiden, was die Geschichte so gut konstruiert und lesenswert macht, dass man das Buch kaum aus der Hand legen möchte. Herr Schmidt erinnert mich ein wenig an Ekel Alfred aus der Fernsehserie „Ein Herz und eine Seele“ und ist bedauerlicherweise noch ein wenig unsympathischer als dieser, das ist für mich der einzige Wermutstropfen an der Geschichte.
Ein wenig sympathischer hätte die Autorin ihre Hauptperson meiner Meinung nach doch darstellen dürfen, ohne dem mürrischen Alten die Glaubwürdigkeit zu nehmen, man würde gerne Mitleid mit ihm haben, aber er ist halt ein widerlicher Mensch. Der bisweilen trockene Humor der Autorin, wenn es um die Schilderung seiner Eigenheiten und Ideen geht, ließ mich das Buch dennoch gerne zu Ende lesen.