Harte Schale, weicher Kern

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dicketilla Avatar

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Ich liebe die Bücher von Alina Bronsky. Ihre Charaktere besitzen immer eine gewisse Eigenart, wodurch der Leser auf die unterschiedlichsten Menschen stößt. Sie kitzelt geschickt ein Bild aus ihnen heraus, mal skurril, mal nachdenklich, mal bösartig, aber auch warmherzig. Und egal ob sie uns sympathisch sind oder nicht, am Ende bleibt stets der Glaube an Veränderung und die Hoffnung.


Hier geht es diesmal um Walter Schmidt, der den morgendlichen Kaffeeduft vermisst und denkt seine Frau wäre tot. Später findet er sie am Boden liegend im Bad. Noch nie war seine Frau krank. Völlig ohne jegliche Kenntnis Kaffee zu kochen, geschweige eine Mahlzeit zu bereiten. So geht er dieser Aufgabe auch mit viel Widerwille nach, aber seine Barbara muss etwas essen. In all den gemeinsamen Jahren war er nie ein fürsorglicher Ehemann, geschweige Vater gewesen. So empfindet er den Besuch seines Sohnes und seiner Tochter, die sich Sorgen um die Mutter machen, als lästig. Einzig das dicke Mädchen von der Bäckerei wird für ihn zur Hilfe, bis er auf den TV-Koch Medinski stößt. Die Bewohner um ihn herum scheinen mehr über den Zustand von Barbara zu wissen, da sie ihm mit etwas Mitleid begegnen. Doch Barbara wird nicht sterben, sagt er sich immer wieder.


Die Handlung wird von vielen humorvollen Begebenheiten, Unfähigkeiten von Herrn Schmidt begleitet. Seine Grantigkeit tritt aber stets in den Vordergrund. Seine rückblickenden Erinnerungen zeugen nicht gerade von einer harmonischen Ehe, sondern lassen einen Despoten erkennen, der nur seiner Arbeit nachging, Familie wenig Beachtung geschenkt wurde. Doch durch die Krankheit seiner Frau muss er immer mehr seine Distanziertheit gegenüber Anderen auflösen. Man erlebt die Wandlung eines Mannes, der sich etwas auf die Spuren seiner Frau, seiner Ehe, auch sich selbst begibt. Und ihm dabei zuzuschauen machte viel Spaß beim Lesen. Personen müssen uns nicht immer sympathisch sein, aber ein Blick hinter die Fassade eines Menschen, der beginnt sich selbst zu überdenken, zu verändern ist schon sehr lesenswert. Und so hat die Autorin Alina Bronsky wieder eine wundervolle Geschichte erschaffen, die ich nur weiterempfehlen kann.