Herr Schmidt lernt zu überleben

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brombeere Avatar

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Worum geht es?
Barbara war immer für ihren Mann Walter da. Sie kocht, sie putzt, sie weiß Bescheid. Nun ist sie eines Tages krank und steht nicht auf und Herr Schmidt muss sich mit einem Mal im Haus und im Leben zurecht finden.

Worum geht es wirklich?
Sturheit, Selbstständigkeit und Vorurteile

Lesenswert?
Ja. Dieses Buch bringt einen zum Schmunzeln, aber auch zum Verzweifeln. Walter Schmidt ist plötzlich auf sich allein gestellt und muss für sich, seine Frau Barbara und ihren gemeinsamen Hund sorgen. Klar, bieten die Kinder auch Hilfe an, aber die braucht Herr Schmidt doch nicht. Natürlich kommt er alleine klar. Außer vielleicht beim Kaffee zubereiten. Und beim Kartoffeln kochen. Und warum ist Butter aus dem Kühlschrank nur so hart? Herr Schmidt ist ein sehr sturer alter Mann, der aber auch nicht zögerlich ist und versucht Lösungen zu finden. Dass er dabei Menschen vor den Kopf stößt und seine Umwelt voller Vorurteile sieht, nimmt er gar nicht wahr. Er ist auf keinen Fall freundlich oder zuvorkommend und verhält sich weder zu Frau noch Kindern noch sonst einem Menschen wohlwollend. Manchmal hat mich das beim Lesen verzweifeln lassen. Und dann war es doch wieder so amüsant und auch herzerwärmend, wie Herr Schmidt lernt, eigenständig zu sein. Denn nicht nur die Küche und das Kochen sind für ihn völlig neu, auch das Internet und Facebook entdeckt Herr Schmidt.
Generell war ich ein bisschen fassungslos, wie ein Mensch so wenig für sich selbst sorgen kann. Aber das ist vermutlich einfach auch eine Frage der Generation.
Herr Schmidt wird als „Mann alter Schule“ beschrieben, was bedeutet: Unselbstständig, klassisches Rollenbild von Mann und Frau. Nicht-weiße Menschen, dicke Menschen, homosexuelle Menschen existieren in seiner Wahrnehmung als störende Personen. Das war manchmal einfach schwer zu ertragen und ich hätte Herrn Schmidt am liebsten gerüttelt und geschüttelt.
Bronsky schreibt wunderbar leicht und flüssig und voller Witz über diese tragische Situation im Eheleben. Die anderen Charaktere bleiben dabei eher im Hintergrund, man erfährt nicht viel über sie und kann nur zwischen den Zeilen lesen. Auch Herr Schmidt wird nicht viel beschrieben, man lernt ihn aber in seinem ganzen Handeln sehr gut kennen.
Ein sehr unterhaltsames kurzes Buch, das aber auch ein wenig zum Nachdenken anregt.