Liebenswerter Misanthrop

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stoepfel Avatar

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Über die Plattform Vorablesen.de hatte ich die Möglichkeit, dieses Buch vor Erscheinen zu erhalten und zu lesen. Vielen Dank dafür.
Walter Schmidt hatte mich vom ersten Moment in seinem Bann. Ein Misanthrop, wie man ihm im echten Leben lieber aus dem Weg gehen will. Und so schwankte auch ich beim Lesen ständig zwischen Mitleid und Verachtung für diesen Mann, der irgendwie im entscheidenden Moment immer das Falsche zu sagen scheint. Und den man trotzdem mögen muss.
Er durchlebt – zwangsläufig, denn seine Frau Barbara ist, so versichert er fortwährend, unpässlich – eine Metamorphose, man ist erstaunt, bisweilen erschrocken über seine scheinbare Unempfindlichkeit für jegliches Befinden außer dem eigenen.
Der Autorin gelingt der Spagat zwischen einem das Zwerchfell strapazierenden Roman und dessen Tiefgang. Genau im richtigen Moment holt Walter mit einem Gedanken, einer Bemerkung die oder den Lesenden wieder zurück, auf dass es nicht zu spaßig werde. Die Seiten fliegen, die Monate vergehen. Und dann ist der Roman am Ende doch ganz anders als gedacht, macht eine Wende, die man zwar irgendwie erahnt (sich vielleicht sogar wünscht, es möge anders kommen), aber die man so nicht kommen sieht. Den menschlichen Abgrund, auf dem Walter immer balancierte und dem er zum Schluss in der ihm eignen Art entgegen tritt.
Mehr zu verraten hieße, den Lesespaß verderben. Einen Lesespaß, der kurzweiliger kaum sein kann. Aber in dem Zusammenhang auch nicht philosophischer.