Metamorphose eines Patriarchen

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Herr Schmidt ist ein typischer Mann der 50/60-er Jahre. Mittlerweile in die Jahre gekommen, aber nach wie vor patriarchisch, unfreundlich bis ungezogen, nach wie vor in der Rolle des absoluten Familienoberhaupts hat er natürlich mit 'Frauenthemen', wie Kochen und Haushalt überhaupt nichts am Hut. Doch urplötzlich passiert es: seine Frau Barbara 'fällt aus' und Herr Schmidt findet sich völlig unvorbereitet in der Rolle des Hausmannes wieder. Das klingt erst mal richtig lustig, jedoch leuchtet zwischen den Zeilen die Tragödie der Beziehung, der Familie, von verpassten Gelegenheiten, aber auch Herrn Schmidts Vorurteile und Borniertheit hervor. Eigentlich kann man als Leserin diesen Mann nur hassen – und doch ist da ein Kern in ihm, der im Lauf der Geschichte einen besonderen Menschen erkennen lässt.

Der Mix aus Tragik und feinsinniger Situationskomik dieses ungewöhnlichen Ehe- und Familienlebens ist auf wunderbar selbstverständliche Weise geschrieben. Ich, als Leserin, hatte das Gefühl, quasi voyeuristisch, in das Leben der Schmidts hinein katapultiert zu werden. Manchmal dachte ich, ja - diesen Typ Mann, diese Form einer langjährigen Ehe, kenne ich von Erlebnissen im Supermarkt, auf Reisen, in der Nachbarschaft, im elterlichen Bekanntenkreis. Doch gerade dieses 'déjà vu' macht die Geschichte für mich so greifbar, so nahe gehend, so berührend.

Mein Fazit: 'Barbara stirbt nicht' ist ein beeindruckend geschriebenes Buch, das nachdenklich macht über das Älterwerden, über verfestigte Strukturen, über Rollenbilder. Mich hat die Geschichte sehr beeindruckt - daher eine eindeutige Leseempfehlung meinerseits.