Walter kocht Kaffee!

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rauschleserin54 Avatar

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„Er ging Schritt für Schritt hoch ins Schlafzimmer, um nach Barbara zu sehen.

Es war nicht ihre Art, morgens auf dem Badezimmerboden herumzuliegen, aber sie

sagte nichts weiter dazu und hielt die Augen geschlossen. Man musste ja auch

nicht über alles reden.“




Selbst dem kleinen penetranten Spießbürger Walter geht irgendwann ein Licht

auf und er muss realisieren, dass seine Barbara nicht aufstehen kann und ernsthaft

krank ist. Da ist es gut, dass es Helmut, den Hund gibt, der ein klein wenig weiß, wo

es lang geht. Aber die Kinder Sebastian und Karin sind aufdringlich und außerdem

hat er sie sowieso nie richtig verstanden. Das hatte Barabara getan.

Alltägliche Routinen gibt es nicht mehr, Walter's Leben verliert an Struktur

und vor allem fehlt es an Kaffee. Normalerweise wird er von diesem herrlichen

Getränk geweckt, das Frühstück steht auf dem Tisch und der Tag beginnt.

Mit zwinkerndem Auge und unterschwelligem Tiefgang skizziert Alina Bronsky

hier Szenen aus dem Alltag einer Ehe, in der nichts mehr ist, wie es war.

Brillant ist ihr Gespür für Zwischentöne und schön zu lesen, wie sie kritisiert

ohne zu hart mit ihren Protagonisten umzugehen. In diesem Roman wird zudem

vieles mit aktuellem Bezug angesprochen, wenn man auch zwischen den Zeilen

zu lesen vermag.

Ich kann als Leser:in den Walter ablehnen, kann mich aber auch auf ihn einlassen

und nach und nach kleine Wunder erleben.

Die Vielschichtigkeit der Protagonisten lässt uns die Welt des Schwarz- oder

Weißdenkens verlassen und gibt Einsicht in verkrustete Denkarten.

Erfrischend führt uns Alina Bronsky durch eine Bandbreite an Emotionen.

Danke dafür!