Gelungener Antiheld!

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Dans Mutter ist Griechin, das macht ihn zum Ausländer, denkt er, sein Vater ist Fernkraftfahrer, das macht ihn zum Plebs, auch seine Mutter arbeitet, sie ist Friseurin, beides sind ehrenwerte Berufe, aber Danny schämt sich: er gehört zur Unterschicht und er bildet sich ein, dass alle Welt ihn das spüren läßt. Ein Scout hat ihn entdeckt und ihm seines Schwimmtalents wegen ein Stipendium am "Cunts College", Melbourne, Australien, verschafft. Dan hasst diese Schule vom ersten Moment an: „er hatte das Gefühl unsichtbar zu sein und sich gleichzeitig nirgends verstecken zu können“, eine Schule, die ihm seine Herkunft und seine Position in der Gesellschaft unter die Nase reibt. Dennoch nimmt er jede echte und jede vermeintliche Demütigung hin, weil ihm Training und Trainer am College dazu verhelfen werden, besser zu schwimmen, „es wird dich zu einem besseren Schwimmer machen“ ist sein Mantra, mit dessen Hilfe er überleben und gewinnen will, er ist der Beste, Stärkste und Schnellste. Alles andere zählt nicht.

Zerfressen von Ehrgeiz gepaart mit Eifersucht und mit Minderwertigkeitskomplexen geladen bis unter die Haarwurzeln gelingt es Protagonist Kelly nicht, sich einzufügen, sich anzupassen, Freunde zu gewinnen oder gar Spaß zu haben an irgend etwas – obwohl er aufmerksamer als die Jungs, die kraft ihres höheren gesellschaftlichen Status „hierhergehören“alle Vorteile bemerkt, die die neue Umgebung bietet. Er bemerkt sie, aber er kann sie nicht nutzen.

Danny ist eine Figur, die zum Scheitern vorprogrammiert ist: die überall Verrat wittert, auch da, wo keiner ist und Liebe nicht annehmen kann. Zusätzlich bereitet seine Veranlagung zur Homosexualität Probleme. Er erlebt Entfremdung und Zurückweisung in allen Bereichen, in der Kernfamilie, mit den alten und den neuen Freunden, mit Autoritäts- und Vertrauenspersonen sowie in den Dingen selbst, dem Land, zu dem er gehört und das sich gegen ihn wendet, so seine Interpretation seines Misserfolgs, und von der Karriere, die ihn eigentlich befreien sollte, ihm jedoch seine Unfreiheit erst so richtig vor Augen führt. Es ist folgerichtig, dass Danny den Boden unter den Füssen verliert.

Der Autor Christos Tsiolkas schrieb mit „Barrakuda“ einen Roman, der einen atemlos macht! In geschickter Zeitverschachtelung entwickelt er die Lebensgeschichte seines Antihelden Danny Kelly bis er endlich zum Dan wird und erwachsen sein Leben reflektiert und Worte findet für all das Unaussprechliche, was seit jeher in ihm rumorte.

Fazit: Der Roman hat mich beeindruckt, ich war dem pubertierenden, „erfolgsverstörten“ Danny in jeder Lebenslage nah. Die Sprache ist dicht und überzeugend. Für „Barakuda“ von Christos Tsiolkas gibt es eine unbedingte Leseempfehlung von mir!