Bauernfänger

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linus63 Avatar

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Der Journalist Robert Walcher ist ein liebenswerter Mensch und hat seine Marotten. Er ist nostalgisch angehaucht und fotografiert gerne alte Häuser am Bodensee. Dabei tritt er in einer verlassenen Villa versehentlich auf die Leiche eines Mannes und nimmt aus Neugierde Unterlagen über "Die Company" mit - einer Wirtschaftsverschwörung? Als er wenige Tage später in seinem Keller ein gehängtes Schwein findet, wittert er eine große Geschichte ....

Die Geschichte ist leicht und sehr anschaulich erzählt und flüssig zu lesen. Ich habe das Allgäu, seine Landschaft und auch die Ereignisse bildhaft vor Augen und tauche problemlos in das Geschehen ein. Viele Perspektivenwechsel, ein angenehmer Schreibstil und meist kurze Kapitel halten die Geschichte lebendig.

Robert Walcher ist mir als kauziger Eigenbrötler mit empfindlichem Magen und seiner etwas umständlichen Art sehr sympathisch und bildet zusammen mit seinem Kater Bärendreck ein originelles Gespann, das die Geschichte immer wieder unterhaltsam auflockert und maßgeblich die Atmosphäre des Krimis mit beeinflusst.

Die Idee der Lotto-Company gefällt mir gut und die Handlung lässt sich vielversprechend an, hält aber leider nicht, was ich mir nach dem Anfang und dem Klappentext erhoffe. Nachdem Walcher erfährt, worum es eigentlich geht, wird die Handlung verwirrend. Auf die Spannung warte ich vergeblich und die Motive für die Morde sind niederer Natur. Im Verlauf der Geschichte tauchen eine Menge Menschen auf, die z.T. nur kurz das Geschehen streifen bzw. eingreifen, wobei sich mir häufig der Sinn ihres Erscheinens bzw. Ablebens nicht erschließt. So scheint zum Beispiel Walchers Nachbar Josef anfangs eine tragende Rolle zu spielen, verschwindet später vollkommen von der Bildfläche und wird gegen Ende immerhin noch mit wenigen Sätzen erwähnt. Die vielen Morde durch einen klischeehaften Täter, oft getarnt als Unfall, erzeugen weder Spannung, noch sind die meisten für die eigentliche Handlung von großer Bedeutung. Sie sind für mich ebenso wenig erforderlich wie der Alkohol, der zu jeder Tageszeit in verschiedenen Geschmacksrichtungen reichlich fließt. Seltsam ist auch, dass die Polizei - irgendwann wird kurz erwähnt, sie sei sowieso überlastet - fast komplett außen vor ist, so dass die handelnden Personen, einschließlich des "Aufräumtrupps der Company", fast nach Herzenslust, unbemerkt und ungeahndet, schalten, walten und morden können, wie es ihnen beliebt.

Der Krimi hat mich ein wenig enttäuscht. Die Spannung fehlt und vieles ist einfach unrealistisch, nicht zu Ende geführt und nicht unbedingt nachvollziehbar. Jedoch wiegt der originelle Charakter Robert Walchers, die Beschreibung der Landschaft und der Atmosphäre des Allgäus und einige "Urgesteine", wie z.B. auch Frau Zehner, vieles auf und so hatte ich trotz der beschriebenen Schwächen ein paar unterhaltsame Stunden.