Biografischer Roman mit Leseempfehlung

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annamichalea Avatar

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Biografien sind so nicht mein Ding. Biografische Romane eher und als solchen sehe ich dieses Buch an.
Ein Anreiz dieses Buch zu lesen war für mich das Kennenlernen einer Seite von Amerika, wie wir es wohl in dem engen Europa so nicht sehen werden. Menschen die nach total anderen Idealen leben und diese auch ohne staatlichen Eingriff ausleben können. Egal ob man das gut oder schlecht findet, es ist eine Art Freiheit. Natürlich nicht für die Menschen, die nur unter diesem Einfluss aufwachsen.
So wird Tara Westovers Leben von den engstirnigen wortgetreuen Bibelauslegungen ihres Vaters bestimmt. Steht in der Bibel das Zitat Butter und Honig soll er essen - schon verschwinden Milch und Joghurt aus dem Kühlschrank der Familie. Und das, obwohl die Großeltern dieses Ideale nicht über Erziehung weitergegeben haben.
Zu Beginn des Buches beschreibt Tara Westover ihre Umgebung in einem Vergleich mit einem Ballettkorps, den Weizen als Ballerinen. Was sich hier so poetisch liest, kam erst einmal unglaubwürdig bei mir an. Woher soll ein Kind, das so bildungsfern aufwächst den Wortschatz her haben?
Natürlich hat Tara Westover das im Rückblick geschrieben, ihre Empfindungen mit einem neu erworbenen Wissen ausgedrückt, aber das Ballett Bild hat bei mir etwas Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Biografie ausgelöst.
Das weitere Buch hat mich dennoch gefesselt. Besonders ihre ständige Selbstreflexion. Als sie Bob Marleys Lebens- und Leidensgeschichte liest, erkennt sie, dass sie zwar nicht mehr in der Welt ihres Vaters lebt, aber dennoch nicht alle Auswirkungen dieser Erziehung auf ihre jetzigen Lebensentscheidungen überdacht hat.
Alles in allem eine sehr gute Leseempfehlung.