Eindrucksvolle Biografie

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schokokekzz Avatar

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Ich glaube mit jeder Seite, die ich in diesem Debüt-Roman von Tara Westover über ihre Kindheit, Jugend und ihren Bildungsweg gelesen habe, war ich erschrockener darüber, was in einer Familie alles schief gehen kann und letztendlich umso überraschter, wie Tara es geschafft hat aus diesem Sumpf herauszukommen und wie zwei ihrer Brüder durch Bildung, gute Freunde und den Abstand zur eigenen Familie dieses Schicksal zu durchbrechen und sich selbst zu finden.
Doch vielleicht einmal von vorn: Tara Westover, die Autorin des Romans, ist auf einem Berg in Idaho mit ihren 6 Geschwistern und ihren stark religiösen Eltern aufgewachsen. Der Glaube, die Religion und wahrscheinlich auch der gesamte psychische Zustand des Vaters haben nach und nach die ganze Familie aufgefressen und seine Ansichten über die Welt, den nahenden Weltuntergang und was alles Teil des Teufels ist (so ziemlich alles "normale") bei gleichzeitiger schwankender und ambivalenter Meinung darüber (lange gelten zB Fernseher und Telefon als Teufelswerk, mit einer passenden Begründung sind sie dann aber doch im Haushalt eingezogen). Generell scheint der große Teil ihrer direkten Familie mehr als nur ein Gesicht und eine Persönlichkeit zu haben, die je nach Situation zu Tage tritt und dann mehr oder weniger verheerende Auswrikungen hat - allen voran die Ausbrüche und Misshandlungen durch ihren Bruder Shawn, denen weder ihre Mutter noch ihr Vater Glauben schenken.
"Es ist merkwürdig, wie viel Macht über dich du den Menschen gibst, die du liebst." - Das Zitat trifft es dabei ganz gut. Immerhin kennt Tara nichts anders und kommt nur durch ihren Bruder Taylor zum College, zum Studium und letzten Endes raus aus der Familie und weg vom Berg. Ihr Weg zu sich selbst und über ihre Ängste und Vorprägungen hinweg, dauert Jahre und wird es vermutlich auch weiterhin tun. Und genau diesen Weg teilt sie mit uns, lässt uns mitlaufen und zeigt wie sie Stück für Stück zu sich selbst findet. Es ist für Außenstehende nicht alles nachvollziehbar, schlicht weil man es selbst nicht erlebt hat und sich manches auch einfach nicht vorstellen kann oder mag.
Insgesamt eine absolut gelungener, tiefgreifender und zum Nachdenken anregender Roman! Ich kann ihn ohne Einschränkungen weiterempfehlen.