Wenn der Glaube die Seele zerstört

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lolarennt Avatar

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Ich habe dieses Buch jetzt ausgelesen und bin noch ganz durchgeschüttelt. Immer wieder musste ich mir vor Augen halten, dass es kein Roman ist, sondern eine Autobiographie.
Tara Westover erzählt von einer unglaublich bizarren Welt in der sie aufgewachsen ist. Ihre Eltern sind nicht nur Mormonen, ihr Vater ist so fundamentalistisch, dass von staatlichen Schulen über ärztliche Versorgung bis zum Ausstellen einer Geburtsurkunde für seine Kinder alles als Teufelswerk abgetan wird. Er ist der absolute Patriarch, Herr über den Buck Peak in Idaho, Herr über den Schrottplatz und vor allem über seine Familie.
Was mich am meisten erschüttert hat, war der seelische Zwiespalt, in dem Tara sich auch noch als Erwachsene befindet, sogar als sie schon studiert und man glauben könnte, sie hätte sich von diesen wahnwitzigen Wertvorstellungen längst gelöst. Sie zerbricht beinahe in dem Versuch, ihr Leben im Kontext des psychisch gestörten Vaters zu führen und trotzdem die Segnungen einer akademischen Laufbahn anzunehmen. Was da alles an Brutalität, an seelischen und körperlichen Verletzungen von den Männern der Familie an den Frauen ausgeübt wird, hat mich beinahe zur Verzweiflung gebracht. Es ist für uns Europäer kaum nachvollziehbar, was ein so exzessiv gelebter Glaubensdruck bewirken kann. Ähnlichkeiten mit dem Faschismus in seiner dogmatischen Ausrichtung sind nicht abzuleugnen und die Auswirkungen, wenn auch im Kleinen und Privaten, ähnlich.
Eine faszinierende und abstoßende Geschichte zugleich - für pädagogisch interessierte Menschen eine große Empfehlung!