Bedrückend ehrlicher Roman

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hanseidig Avatar

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Herkunft kann man sich nicht aussuchen. Man kann stolz auf sie sein, sie verleugnen oder ignorieren. Mit letzterem hat sich Frank Zimmermann, Protagonist des Romans "Beifang", über die bewussten Jahre seines Lebens "gerettet". Doch irgendwann holt ihn die Geschichte der Arbeiter-Familie Zimmermann ein. Und für ihn ist es an der Zeit auf Spurensuche zu gehen.

Franks Leben plätschert vor sich hin. Sein Sohn lebt weit entfernt von ihm bei seiner von im geschiedenen Frau. Das Verhältnis zu ihm ist nicht besonders innig, und auch die Liebesbeziehung zu einer verheirateten Frau ist nicht erfüllend. Seine Geliebte gibt allerdings den Anstoß dazu, dass Frank sich auf den Weg macht, die Geschichte seiner Familie zu ergründen. Da Frank bei seinem eigenen Vater auf Schweigen stößt, was die Familie angeht, besucht Frank nach und nach den Rest der Verwandtschaft. Familie Zimmermann: eine als asozial stigmatisierte Hilfsarbeiterfamilie im Ruhrpott der Nachkriegszeit. Das Leben ist hart für Franks Großeltern, die Mühe haben, ihre 12 Kinder im Zechenhaus groß zu ziehen. Das Leben der Zimmermanns bzw "Zimmermänner" ist geprägt von Hunger, Gewalt und Lieblosigkeit. Frank erfährt auf seiner Verwandtentour viel darüber. Und fragt sich immer wieder, wie die Menschen, die ja seine nächsten Verwandten sind, All das haben aushalten können. Die Spuren aber, die das Aufwachsen im Elend bei den Menschen hinterlassen haben, setzen sich in Franks Leben fort. Dies ist wohl eine Erkenntnis, die Frank macht. Aber auch: es ist nicht zu spät, die Tradition des Nicht-Sprechens zu durchbrechen.

Martin Simons ist aus meiner Sicht ein großartiges aber auch bedrückendes Buch gelungen. Erkennen wir doch alle unsere Wurzeln an und lassen sie nicht unser Leben bestimmen: dies ist mein Fazit von "Beifang"