Berührende Suche nach den eigenen Wurzeln

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kainundabel Avatar

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War Franks Großvater Winfried bei der SS? War er an Massenerschießungen beteiligt? Sollte Franks Vater Otto abgetrieben werden, was nur der falsch notierte Termin verhinderte? Wollte der Vater sich als Kind von einem Chefarzt adoptieren lassen? Ist Winfrieds Sohn Raffi für den Tod seines Vaters verantwortlich? Frank begibt sich auf Spurensuche, um seine eigenen Wurzeln zu finden. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem er mit sich selbst hadert, er, der als Erster des Zimmermann-Clans aus dem Selmer Stadtteil Beifang Abitur gemacht und ein Studium absolviert hat. Erfolgreich ist er nicht, hangelt sich eher durchs Leben, seine Beziehung zu Lydia zerbrochen, den zwölfjährigen Sohn Vincent sieht er nur selten, seine Liaison mit der verheirateten Marie nichts Ernstes.
Alle Geschwister des Vaters, die Frank auf seiner Reise durch die Familiengeschichte aufsucht, sind auf ihre Weise geprägt von diesem Ruhrgebietsmilieu (treffendes Coverfoto!), der Herkunft aus den beengten Verhältnissen des Zechenhäuschens. Dabei ist „aus jedem von ihnen irgendwas geworden“, keiner schämt sich seiner Herkunft, im Gegenteil, man hat einen trotzigen Stolz entwickelt.
Martin Simons erzählt vom Schicksal der Familie am Rand des Ruhrgebiets, vom Großvater und seiner Frau, die zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben hatten, die trotzdem ein Kind nach dem anderen zeugten. Er erzählt diese von Armut und Elend, von Gewalt und Zwang geprägte Biografien lapidar, eindringlich, ernsthaft, berührend, mitunter humorvoll, immer aber empathisch und nie von besserwisserischer Warte aus. Das macht die Qualität dieses lesenswerten Romans aus.