Das wahre Indien (der Reichen)

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Ramesh Kumar trägt zwar keinen Anzug, eine Visitenkarte kann er trotzdem vorlegen. Er ist Bildungsberater - ein relativ neuer Berufsstand, den es in Indien und China zuhauf gibt. Leute, die Prüfungen für die Kids der Wohlhabenden ablegen, weil die zu dumm oder faul sind. Aber eben trotzdem einen gewissen Bildungsweg gehen sollen, um in hohen Positionen zu enden, wo sie gut bezahlt werden, aber vermutlich auch wieder keinen Handschlag selbst tun müssen. Die Familie des achtzehnjährigen Rudi heuert ihn an, handelt ihn herunter und lässt ihn mit etlichen Schulbüchern hinten raus. Ramesh, der kaum je selbst in der Schule war, verdient sein Geld mit Bildung. Fast nicht zu glauben bei einem Jungen aus den ärmeren Vierteln, der keine Mutter und einen gewaltätigen Vater hat.
Raina beginnt zunächst mit einer weit fortgeschrittenen Handlung, ehe er zum Anfang umschwengt. Das erhöht die Spannung, denn obwohl klar ist, dass Rameshs Betrügereien zu nichts Gutem führen können, ist es immer etwas anderes, das quasi vor Augen geführt zu bekommen. Es ist fantastisch, wie es dem Autor gelingt, die Familie und die ganze indische Gesellschaft in wenigen Zeilen lebendig zu machen. Ramesh, der seine Geschichte selbst erzählt, leitet flüssig, aber recht derb über das Geschehen. Die Gesellschaftskritik ist da, wird aber humorig verpackt, wenn sie auch stets trifft. Ein überzeugender Anfang, der gut in einen Page Turner führen könnte.