witzig-bösartige Gesellschaftssatire

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
palatina Avatar

Von

Der Ich-Erzähler, Ramesh Kumar, ist sehr kritisch gegenüber seinen indischen Landsleuten: Sie schlagen ihre Kinder, sind sehr auf Macht und Reichtum bedacht und blicken arrogant auf niedere Kasten herab. Die schlimmsten sind die dickbäuchigen reichen Männer. Der Protagonist selbst kommt aus einfachen Verhältnissen – ein Euphemismus: Sein prügelnder, trinkender Vater verdingt sich seinen Lebensunterhalt als Teehändler auf der Straße und lässt seinen ganzen Frust am Sohn aus. Er hält ihn wie einen Sklaven und ein bisschen Freiheit hat der kleine Ramesh nur, wenn der Vater volltrunken ist. Daran hätte sich wohl auch nicht viel geändert, wäre nicht eines Tages die französische Nonne Clair an den Chai-Stand des Vaters gespült worden. Sie erkennt das Potenzial von Ramesh, nimmt sich seiner an und sorgt dafür, dass er eine Schulbildung bekommt, indem sie ihn selbst unterrichtet. Ein folgenschwerer Entschluss für sie beide.
Erwachsen geworden, ist er damit so erfolgreich, dass er als so genannter „Bildungsberater“ seinen Lebensunterhalt bestreiten kann und somit dem Leben, in dem der Vater ihn festhalten möchte, entkommen kann. Wie der Titel schon verrät, ist das kein ehrlicher Beruf: Er schreibt gegen Geld eine wichtige zentrale Prüfung für die Söhne reicher, einflussreicher Familien und sichert ihnen damit einen Platz auf einer renommierten Universität – die Voraussetzung für eine Karriere im Business. Als er jedoch bei einem dieser Examen mit dem besten Ergebnis abschneidet, ändert sich nicht nur das Leben von Rudi, einem verwöhnten Sprössling aus reichem Haus, für den er die Prüfung geschrieben hat, sondern auch sein eigenes.
Der Autor Rahul Raina erzählt in seinem Erstlingswerk temporeich und humorvoll, gleitet allerdings an einigen wenigen Stellen etwas zu sehr ins Klamaukartige ab. Mit beißender Ironie hinterfragt er indische Umgangsformen und Gebräuche. Er zeichnet damit das Bild einer durch und durch korrupten, zwischen Tradition und Moderne zerrissenen Gesellschaft, in der ein sozialer Aufstieg kaum möglich ist. Bezeichnend ist mein Lieblingssatz in diesem Roman: „(…) fantastisch, was die Briten uns hinterlassen haben: idiotische Gesetze, kaputte Brücken und Liebesheiraten.“
Der Roman enthält aber auch zutiefst traurige Episoden, z. B. die Freundschaft zwischen Ramesh und seiner Förderin Claire, die sich gegen alle Widerstände um ihn kümmert und der er in ihren letzten Stunden beisteht. Das ist toll erzählt. Deshalb werden Titel und das Cover diesen Stellen im Roman auch gar nicht gerecht.
Diese Mischung aus traurigen, lustigen, ironischen und (selbst-)kritischen Episoden macht den Roman zu einem sehr kurzweiligen Lesegenuss, den man nicht verpassen sollte.