Avanti Popolo - Italien im 20. Jahrhundert

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Der historische Roman „Bella Ciao“ von Raffaella Romagnolo ist als deutsche Ausgabe im März 2019 im Diogenes Verlag erschienen. Die italienische Originalausgabe trägt den Titel „Destino“ – Schicksal.
Piemont, 1946. Hauptort der Handlung, Borgo die Dentro ist ein fiktiver Ort und an das alte Ovada angelehnt, einen Ort im Piemont. Giulia Masca kommt nach Jahren, die sie als Emigrantin in Amerika verbracht hat, zurück in ihren Heimatort. Nach fast fünfzig Jahren will sie ihre ehemalige beste Freundin wiedertreffen, die sie damals hintergangen hat und ihr so Grund für die Flucht nach New York gab. Bella Ciao ist ein Roman und die Hauptfiguren sind frei erfunden. Nichts desto trotz erzählt Raffaella Romagnolo die italienische Geschichte, die das 20. Jahrhundert schrieb, authentisch. Und verbindet mit vielen Rückblenden und Handlungssprüngen ein ärmliches Leben in Italien mit dem amerikanischen Traum.
„Zu berechnen, was gerecht bedeutet, ist ihre und Anitas Lieblingsbeschäftigung, seit sie in der Spinnerei angefangen haben.“ (Seite 33)
Borgo die Dentro ist nicht echt, aber mit einer historischen Genauigkeit rekonstruiert, dass ich beim Lesen über die einzelnen Plätze und Straßen spaziert bin und mir sicher war, dass dieser Ort existieren muss. Neben einer interessanten Familiengeschichte erfahren die LeserInnen Historisches über den Streik in der Spinnerei Salvi und den Bau des Suezkanals, über die Sozialisten in Italien mit ihren roten Halstüchern, über den Aufstieg des „Duce“, Mussolini und den daraus resultierenden Überfall auf die Druckerei des sozialistischen Wochenblatts „L’Emanzipazione“, von militanten Faschisten in schwarzen Hemden, vom Befreiungskampf im südlichen Piemont und vom größten Massaker an Partisanen in der italienischen Geschichte.
„Der Welt gegenüber gab man der Spanischen Grippe die Schuld, doch alle wussten, dass sie an gebrochenem Herzen gestorben war…“ (Seite 199)
Raffaella Romagnolos Schreibstil ist so bildreich und malerisch, dass er einfach zum Mitfühlen anregt. Mehrmals habe ich mich beim Lesen dabei ertappt, wie ich leise „Die Internationale“ gesungen habe und nach der Beschreibung des Massakers an den Partisanen im Piemont, habe ich selbst Tränen um die Ermordeten vergossen. So viele Gefühle und Emotionen hat schon lange kein Buch mehr beim Lesen in mir geweckt und ich wünsche mir sehr, dass in naher Zukunft auch noch andere deutsche Ausgaben von Raffaellas Romagnolos Büchern erscheinen werden. Raffaella Romagnolo ist meiner Meinung nach wirklich ein leuchtender Stern im europäischen Autorenhimmel und „Bella Ciao“ erhält meine uneingeschränkte Leseempfehlung, handelt es sich hierbei regelrecht um ein Epos!