italienisches Drama im 20. Jahrhundert

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Italienisches Familiendrama im 20. Jahrhundert

Name: Bella Ciao
Autor: Rafaella Romagnolo
ISBN: 9783257070620
Umfang: 528 Seiten
Verlag: Diogenes
Erscheinungsdatum: 20.03.2019

Klappentext:
Piemont, 1946. Giulia Masca kommt als gemachte Frau zurück in das Städtchen ihrer Kindheit, wo sie noch eine Rechnung offen hat. Vor fast fünfzig Jahren wurde sie hier von ihrer besten Freundin Anita und ihrem Verlobten hintergangen, weshalb Giulia die Flucht ergriff und sich in New York eine neue Existenz aufbaute. Nach einem halben Jahrhundert will sie Anita wieder treffen – wie werden sie sich gegenübertreten?

Meine Meinung:
Die italienische Autorin Romagnolo, die selbst in Piemont lebt, entführt den Leser in "Bella Ciao" in eine andere Zeit und eine andere Welt. Mit Giulia, Anita und den anderen Charakteren erlebt man zwei grausame Weltkriege und andere Katastrophen. Man wird auf eine Reise ins alte dörfliche Italien mitgenommen und flieht mit Giulia nach Amerika. Der Verlauf der Geschichte ist teilweise bedrückend, teilweise erfreulich, aber vor allem tragisch und anregend. Man vergisst die eigenen kleinen Probleme, wenn man sich das Schicksal der ärmlich lebenden, unterworfenen und geprägten Menschen ansieht und ihre Größe und Kraft in solch schweren Zeiten erkennt.
Mir gefiel sehr, dass man so viele Persönlichkeiten kennenlernt, sie begleitet und die ganze Familiengeschichte miterlebt. Die Familien von Giulia und Anita sind zwar räumlich weit voneinander entfernt, aber doch sehr miteinander verbunden. Beide Familien erleben Schicksalsschläge und verlieren Angehörige, doch sie wachsen an diesen schrecklichen Erfahrungen und können sich am Ende verzeihen- oder eher- eine Schuldfrage stand nie zwischen den beiden. Die Geschichte berührt einen zutiefst und brachte mich zum Nachdenken.
Romagnolos Schreibstil und Sprache sind sehr gehoben und stark, manchmal aber auch sehr nüchtern. Sie bot mir regelrecht die Grundlage für ein Kopfkino, oft saß ich mitten drin in einer düsteren Umgebung und sah die Bestürzung, die Trauer in den Gesichtern der Charaktere direkt vor mir und vergoss dabei die ein oder andere Träne.
Der Aufbau des Romans bewirkt leider, dass es oft etwas schwierig wird, der Handlung zu folgen. Die Kapitel sind sehr lang, wovon ich leider kein großer Freund bin. Die Handlung verfolgt zwei Zeitverläufe, die Rückblicke kommen oft unerwartet und verwirrten mich das ein oder andere Mal. Dadurch verlangt das Buch die volle Aufmerksamkeit des Lesers, wodurch ich verstehen kann, dass viele Rezensenten "Bella Ciao" für keine "leichte" Lektüre halten und das Buch nicht für Zwischendurch zu empfehlen ist.
Das Cover ist sehr minimalistisch, schön und vor allem passend. Darin bleibt sich der Diogenes Verlag scheinbar immer treu.

Fazit: Eine Reise mitten in ein italienisches Familiendrama, voll von Trauer, Verrat, Krieg und Tod, Rache, Vergebung, Gefühl und vor allem Liebe! Wenig Spannung, aber dafür sehr viel Tiefgang.