Lieblingsbuch 2019

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carma1607 Avatar

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Mit Raffaella Romagnolo kommt endlich wieder eine zeitgenössische italienische Autorin in deutscher Übersetzung auf den Markt. Das gibt es leider viel zu selten!

Das Buch behandelt die sehr unterschiedlichen Lebensgeschichten von zwei starken Frauen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Giulia und Anita wachsen zusammen in prekären Verhältnissen in Italien auf. Als sich Anita und Pietro, Giulias Verlobter seit Kindestagen, ineinander verlieben, trennen sich die Wege der beiden Freundinnen. Giulia findet in den USA ihr Glück, während Anita zwei Weltkriege hautnah miterleben muss.

Es gibt mehrere Gründe, warum mich dieses Buch so begeistert hat:

1. Der historische Kontext: Es ist unheimlich spannend, wie es der Autorin gelingt, zahlreiche soziale Themen aus dieser Zeit wie nebenbei in die Handlung einzuflechten. Schon der Buchtitel „Bella Ciao“ erinnert an die Hymne der italienischen Partisanenbewegung, auf die immer wieder Bezug genommen wird. Die unmenschlichen Arbeitsbedingungen, die die Entwicklung kommunistischer Bewegungen im Vorkriegs-Italien beförderten, werden thematisiert; ebenso die Armut der Bauern im krassen Gegensatz zur Situation des Landadels, der brodelnde Fremden- und Judenhass auf beiden Seiten des Atlantiks sowie die schwierigen Lebensbedingungen während der Wirtschaftskrise der 20er Jahre und in Kriegszeiten.

2. Die Handlung: Was Romagnolo alles in knapp 500 Seiten packt – dafür hätten Ferrante und Co. zehn Bücher gebraucht. Ganz präzise entwickelt sich die Geschichte entlang eines roten Fadens und der Leser wartet gespannt auf das Wiedersehen der beiden Protagonistinnen nach fast 50 Jahren. Dabei kommt es einem weder vor wie in einer Geschichtsstunde, in der trockene historische Daten abgehandelt werden, noch schweift die Erzählung zu sehr ins Kitschig-Emotionale ab. Die Mischung macht‘s.

3. Die Erzählweise: Zwei Lebens- und Liebesschicksale verbinden sich auf meisterhafte Weise durch kontinuierliche Wechsel auf Zeitschiene und Erzählperspektive. Das macht das Buch zu einer anspruchsvollen und interessanten Lektüre.

Fazit: Der Roman „Bella Ciao“ ist für mich die Entdeckung des Jahres gewesen! Dieses großartige und bewegende Buch lohnt sich zu lesen.