Bavara und Bella Clara

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bavaria123 Avatar

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Worum geht es?
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Klappentext
1906: Clara Gropius kann die Herrschsucht ihres Mannes nicht mehr ertragen und lässt sich scheiden. Sie verliert alles, vor allem das Sorgerecht für ihre Kinder. Mittellos versucht sie, an ihre Ausbildung in der Apotheke ihrer Eltern anzuknüpfen. Doch als geschiedene Frau ist sie ein Skandal. Niemand will sie einstellen, sie wird wie eine Ausgestoßene behandelt. Nur ihre Freundinnen Josephine und Isabelle stehen ihr bei. Und tapfer hält Clara an ihren Träumen fest, sie zieht an den Bodensee und baut sich dort ein neues Leben auf. Mit einer selbstgemachten Creme beginnt es, ihre Schönheitsrezepte finden großen Anklang, schließlich revolutioniert Claras Naturkosmetik die Gewohnheiten ihrer Kundinnen. Aber zu keinem Zeitpunkt trösten Erfolg, Ruhm und die Aufmerksamkeit der Männer sie über den großen Verlust in ihrem Leben hinweg: Clara sehnt sich nach ihren Kindern.
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Meine Meinung
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Bei diesem Buch handelt es sich um den letzten Teil der Trilogie Jahrhundertwind.
In „Solang die Welt noch schläft“ erfährt die Leserin vom Schicksal der Josefine um 1890, im zweiten Teil „Die Champagnerkönigin“ bangt man ab 1898 mit Isabelle Feininger, einem verwöhnten Fabrikantentöchterchen aus Berlin. Ich kannte diese Bücher vor dem Lesen von „Bella Clara“ nicht. Und vorab gesagt, das hat dem Lesen keinen Abbruch getan. Isabelle und Josefine tauchen zwar ab und an auch in diesem Band auf, aber ich habe der Handlung ohne Probleme folgen können.

Jetzt befindet sich die Leserin – und ich schreibe bewusst Leserin, denn es ist doch eher ein Buch für Frauen – im Jahr 1906. Clara möchte von ihrem gewalttätigen Mann geschieden werden. Das war zu der Zeit sicher alles andere als einfach. Überhaupt war es wenn dann der Mann, der eine Scheidung einreichen konnte. Aber hier hat Clara große Courage bewiesen und auch ein wenig Cleverness. Aber sie verliert bei diesem Coup ihre Kinder und die Apotheke ihrer Eltern an ihren Exmann.

Die Schilderungen der gesellschaftlichen Regeln und die sozialen und juristischen Vorschriften der damaligen Zeit werden sehr gut und präzise dargestellt. Und auch, wie es gewesen sein muss, wenn man durch einen angeblichen Makel, wie das Einreichen der Scheidung als Frau, ein öffentliches Spießrutenlaufen als Bestrafung zu ertragen hatte.

Durch diese Darstellung lernt man als Leserin Clara Gropius als einen starken Charakter kennen, die Rückschritte und Hindernisse zu ertragen und zu durchleben hat. Sie ist keine perfekte Frau, wie das leider so oft in solchen Romanen dargestellt wird, sondern eine lebensecht beschriebene Persönlichkeit, die durchaus auch Fehler macht. Dadurch wird sie sympathisch und ihr Schaffen und Fühlen auf jeden Fall auch nachvollziehbar. Sie bleibt nicht auf ihrem Stand zu Anfang des Buches stehen, sondern entwickelt sich in mehrfacher Hinsicht.

Interessant ist auch die Schilderung des Heranreifens von Claras kleinem Laden vorerst für Cremes und Gesichtswasser. Er entwickelt sich zu einer Fabrik für Schönheits- und Wohlfühlprodukte. Was in der damaligen Zeit sicher nicht einfach war. Welche Frau hatte Zeit für Wellness und Wohlbefinden? Auch hier lernt man einiges aus der Historie und auch über die Rolle der Frau in der Gesellschaft der Zeit um 1900. Des Weiteren bekommt man auch einen Einblick auf die Entwicklung der Schönheitspflege und wie sie sich in den Bereichen Marketing und Betrieb bodenständig zu entwickeln hat, wenn ein solches Unternehmen erfolgreich sein soll.

Die Personenbeschreibungen und auch die Schilderung der geschichtlichen Begleitumstände sind der Autorin gut gelungen. Sehr lesenswert sind auch die Beschreibungen der Landschaften, zunächst Berlin und dann die Gegend um den Bodensee. Auch wenn Petra Durst-Benning sich einige Freiheiten bei den Örtlichkeiten vor allem in Meersburg herausgenommen hat.

Die Autorin hat das Buch in einem flüssigen Stil geschrieben. Ich empfinde es als solide und unterhaltsame Arbeit. Das Geschehen ist berührend. Es gibt Geheimnisse und so weist das Buch auch durchaus spannende Momente auf. Allerdings ist manches eben doch ein wenig zu vorhersehbar. Jedenfalls für meinen Geschmack. Manchmal läuft mir auch einiges ein wenig zu glatt. Das kann ich dann nicht ganz so nachvollziehen.

Das Ende ist dann ein wenig zu jäh. Da hätte ich gern einen geschmeidigeren Schluss gehabt.

Alles in allem ist es ein gelungenes Buch, das man sicher an einem regnerischen Wochenende oder in einem kurzen Urlaub beispielsweise am Bodensee lesen mag. Ich empfehle es gern weiter, ziehe aber aufgrund der angesprochenen Mankos einen Stern ab.
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