Bella Clara

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Der letzte Band der "Jahrhundertwind"-Trilogie der Bestsellerautorin Petra Durst-Benning erschien (in Hardcover) im List-Verlag, 2015.

== Inhalt (Buchrücken):==
1906: Hoffnungsvoll reist Clara an den Bodensee. Sie träumt von einem neuen Leben. Die Berlinerin lässt den eleganten Käfig ihrer gescheiterten Ehe hinter sich, endlich will sie ihre Pläne verwirklichen. Als Tochter eines Apothekers kennt sie sich aus mit den Kräften der Natur. Und sie macht die Schönheit der Frauen zu ihrer Lebensaufgabe. Clara blüht auf, die neue Freiheit schenkt ihr innere Ruhe. Doch die Schatten der Vergangenheit drohen ihr strahlendes Glück zu zerstören. Kann Clara ihrem Geschick vertrauen?

== Meine Meinung ==
Dieser Roman ist für mich das 5. Buch von insgesamt 15 erschienenen Büchern der Autorin, das ich gelesen habe: Ohne Bd. 1 und 2 der "Jahrhundertwind"-Trilogie zu kennen, erfährt der Leser auch in diesem Roman einiges über die beiden anderen Protagonistinnen (Josefine und Isabella), da die Freundschaft zwischen allen 3 Frauen - die Hauptprotagonistin ist hier Clara - sehr tief ist und im Roman einen großen Stellenwert einnimmt. Allen Romanen der Autorin, die ich kenne, ist eines gemein: Es geht um die Emanzipation von (charakterlich mutigen, intelligenten und oftmals aus recht begütertem Hause stammenden) Frauen, die "sich was trauten" - im zeitlichen Zusammenhang gesehen, sind es also in der Trilogie, die vor mehr als 100 Jahren spielt, allesamt Vorkämpferinnen für weibliche Unabhängigkeit und Selbständigkeit sowie Rechten, die ihnen (zögerlich und teils erst Jahre später) zugestanden wurden (z.B. zu studieren, Wahlrecht ab 1919!). So sehen diese sich nach Unabhängigkeit sehnenden Frauen zu denjenigen auf, die "Galerien leiten, an Unis studieren, Autofahren lernen, ein eigenes Einkommen erzielen" - vor 110 Jahren fürwahr keine Selbstverständlichkeit für eine Frau!
Als Apothekertochter versucht Clara nach ihrer Scheidung am Bodensee, sich ein neues Leben aufzubauen und hat hierbei Gespür für Geschäftliches, das in einen für diese Zeit revolutionären Erfolg in Sachen Naturkosmetik mündet - den Erfolg in der Liebe durch einige Enttäuschungen jedoch erstmal ausspart...
Wie es der "Luftikus" Roberto bei seiner Ankunft in Meersburg formuliert, ist der sehr leicht und flüssig geschriebene Roman, der einen hohen Unterhaltungswert hat, vielleicht am besten so zu umreißen, zu beschreiben "hier roch es nach Geld und Wohlstand, und es lag eine frohe Stimmung in der Luft" (S. 244). Dieser "Wohlgeruch", den später der Parfümeur aus Grasse noch intensiver, präziser in die Produkte Claras einarbeitet, begleitet den Leser durch das gesamte Buch. So hält sich Clara auch eher bei den wohlhabenden Damen der Gesellschaft auf (und so manches Glas Champagner wird getrunken), auch wenn gelegentlich kurz erwähnt wird, das es durchaus Frauen gibt, die sich solcherlei "Luxus" gar nicht leisten konnten...
Ich habe hier durchaus kein sozialkritisches Buch erwartet, aber die Champagnerlaune und guten Geschäftserfolge waren mir persönlich zuweilen "des Guten zuviel", da zur Zeit um 1910 der Alltag von Frauen zumeist sehr anders aussah. Letztendlich wird noch eine Schönheitsfibel verlegt und "ein weiterer Traum von Clara ist wahr geworden".
Frau Durst-Benning versteht zu unterhalten, stilistisch ist der Roman leicht verständlich und sehr flüssig zu lesen sowie atmosphärisch dicht geschrieben, also klassische Elemente für einen hohen Unterhaltungswert im besten, belletristischen Sinne. Nebenbei werden technische Errungenschaften erwähnt, die vor mehr als 100 Jahren die Welt revolutionierten: Das Automobil, das "Kintopp", das Telefon, der Fotoapparat - um nur einige zu nennen, was mir persönlich gefallen hat und das Buch historisch betrachtet etwas "bereicherte". Auch Themen wie die Solidarität, die Hilfsbereitschaft, die Freundschaft zwischen den 3 Frauen waren schön zu lesen und wurden sehr transparent dargestellt.

== Fazit: ==
Der Roman "Bella Clara" ist wie ein wärmender Mantel, den man sich an einem kühlen Märzabend umlegt; im Vordergrund steht der große und gefühlvoll geschriebene Unterhaltungswert - der besonders Frauen ansprechen dürfte - und in dem man lesend versinken kann (wenn die "milde Süße des Parfums", die von dem Mantel ausgeht, nicht als störend empfunden wird).
Das Buch enthält jedoch viele positive Lebensweisheiten, die (Frauen) Mut machen und aufrütteln sollen, sich etwas "zu trauen". Für viele nette Lesestunden mit eindeutigem "Schmökerfaktor" vergebe ich 3,5 Sterne und 79° auf der Histo-Couch.