Hochaktueller Politthriller mit Unebenheiten

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mufflpuff Avatar

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Berlin im Jahr 2021, Corona ist vorbei, alles bewegt sich auf die anstehende Bundestagswahl zu. Aus Sicht des Ich-Erzählers Tom Lohoff wird ein insgesamt spannendes und realistisches Szenario geschildert, das den Leser in die Hauptstadt und ihre Charaktere eintauchen lässt. Das Buch bietet nicht nur ein Potpourri unterschiedlicher Eindrücke von Stadt und Menschen, seien es Sehenswürdigkeiten, Szeneviertel, bekannte Klischees oder alltägliche Probleme wie Wohnungsnot, Obdachlosigkeit, Drogen- und Medikamentenmissbrauch, Spielsucht und Gewalt, sondern auch sehr politische Ansichten, die über weite Teile Kern des Romans sind.
Durch die lockere, gut verständliche, teils an den Handlungsort angepasste Schreibweise des Autors, war das Buch flüssig zu lesen und war sehr unterhaltsam, auch wenn mir insgesamt leider einiges zu oberflächlich thematisiert oder unrealistisch abgehandelt wurde.
Sowohl die Liebesgeschichten zu Marla, die am Ende dann plötzlich keine Rolle mehr spielt, als auch das Zusammenkommen mit Romina, der Polizistin, deren Rolle sich mir nicht vollkommen erschlossen hat, sind etwas gewöhnungsbedürftig. Auch hätte ich mir etwas mehr zum Hauptstrang, der Entführung des Politikers und der Auswirkungen auf die Wahlen erhofft.
Vor allem die Polizei und das Vorgehen dieser wurde leider an einigen Stellen ganz schön vereinfacht und unrealistisch dargestellt. Verhöre, die nebenbei und im lockeren Plauschton geführt werden, krumme Deals, bei denen ausgehandelt wird, wie lange man in welcher Sammelstelle sein muss usw.
So funktioniert der Rechtsstaat definitiv nicht.
Außerdem wurden auch sehr viele Stereotype dargestellt, die dem Roman nicht unbedingt gut zu Gesichte stehen. Die Albaner mit ihrem Messer sind immer kriminell und gewalttätig, Roma-Frauen (Romina) sind sexuell immer heiß und müssen ständig verwöhnt werden und sexuelle Erniedrigung bei Männern ist etwas besonders Schlimmes, dass es gleich mehrfach erwähnt werden muss, Frauen gewöhnen sich jedoch daran, wie es im Buch geschildert wird - ernsthaft?

Insgesamt also ein solider Roman, dem an einigen Stellen noch etwas inhaltlicher Feinschliff und schriftstellerische Finesse gutgetan hätte. Für den Preis aber auf jeden Fall gute Unterhaltung. Abschließend also drei Sterne, aber auch nicht mehr.