Berührung verfehlt!

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frankl91 Avatar

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Das Buch und der Klappentext ließen meine Erwartungen hoch steigen und ich habe mich sehr auf das Lesen und weitere Erkenntnisse zu dem Thema gefreut. Vor allem, weil die Berührung ein allgegenwärtiges Thema ist und in unserer Zeit leider oft zu kurz kommt.

In den ersten Kapitel ging es um die geschichtliche Bedeutung der Haut und wie sie durch die Evolution eigenes Gedächtnis ausgebaut hat. Dass unser Körper schon im Mutterleib anfängt, Berührungen zu speichern, ist sehr faszinierend und verdeutlicht die Notwendigkeit der körperlichen Nähe in jedem Lebensabschnitt.
Außerdem werden viele wissenschaftliche Erkenntnisse wiedergegeben, die eine Korrelation zwischen vielen psychischen Krankheiten und mangelnder Berührung aufstellen. Dazu gibt es auch Berichte von Einzelpersonen, die durch unterschiedliche Arten von Massagen ihre Depressionen besser im Griff bekommen haben. Hierbei werden viele Massagearten beschrieben, wobei leider der Unterschied zwischen den einzelnen nicht klar ausgearbeitet wurde.

Bei der Beschreibung von Massagen - uA. auch der erotischen Massagen hatte ich das Gefühl kein Sachbuch mehr zu lesen, sondern eine Verkaufsbroschüre, die auf Einzelgeschichten basiert. Auch die Geschichte von Maria und Noah klang sehr unglaubwürdig in diesem Teil. Hinzu kommt der Bericht von der Erotikmasseurin, der zu einseitig und subjektiv war. Ich habe nicht ganz verstanden, was die Geschichte dem Leser verdeutlichen sollte.

Der letzte Teil klang vielversprechende und sollte dir Rolle der Berührung in verschiedenen Religionen und Kulturen erläutern. Dies ist jedoch mMn nur mangelhaft gelungen.
Der Abschnitt war sehr kurz gehalten. Hier wurden die Berührungsregeln innerhalb der Religionen aufgezählt und die Thematik nur oberflächlich behandelt. Eigentlich bot dieser Bereich viele interessante Punkte und hatte viel Potenzial (z.B. wie es zu unterschiedlichen Auffassung von Berührung kam, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede es zwischen Religionen gibt, welcher Sinn steckt hinter den verschiedenen Berührungsbedeutungen, usw.), das leider nicht ausgeschöpft wurde.

Ein weiterer Kritikpunkt meinerseits ist die Unübersichtlichkeit der einzelnen Kapitel. Als Leser hat man oft das Gefühl das Gleiche mehrmals zu lesen. Ein Beispiel ist die oft wiederholte heilende Wirkung von Massagen bei Depressionen, die leider nicht durch repräsentative Studien belegt ist.

Die Zwischenüberschriften unterschieden sich kaum von dem restlichen Text - und haben nicht zu einer klaren Struktur beigetragen. Außerdem hatte ich oft den Anschein, dass die Anhänge viel zu ausführlich waren, sodass sie eher in den Text hineingepasst hätten bzw. als Exkurs im Text stehen sollten.

Ein weiterer Aspekt ist der sprachliche Stil des Buches. Es wurden oft Fachbegriffe verwendet, sodass ich manche Stellen mehrmals lesen musste, um die Aussage zu erfassen und den roten Faden zu behalten.

Fazit: Da die Erwartungen an das Buch sehr hoch waren, was an dem interessantem Thema und dem Klappentext lag, bin ich umso mehr enttäuscht. Ich wusste beim Lesen leider oft nicht, ob es sich um ein Sachbuch handelt oder nicht. Aufgrund oben genannten Kritikpunkten kann ich dem Buch leider nicht mehr als zwei Sterne geben. Trotzdem weiß ich die Arbeit und die Mühe der beiden Autoren zu schätzen und hoffe auf weitere Bücher zu dem Thema, die viel mehr in die Tiefe gehen.