Besserland

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raschke64 Avatar

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Die Autorin Alexandra Friedmann beschreibt die Geschichte ihrer Familie, die Ende der 1980er Jahre aus der ehemaligen Sowjetunion emigrieren will, und zwar nach Amerika. Aufgrund verschiedener Umstände landet sie erst mal in Wien und von dort aus weiter nach Deutschland.
Das alles erzählt die Autorin in einem sehr anekdotenreichen humorigen Ton, fast so wie die Geschichte von Schwejk. Anfangs war ich gelinde gesagt – stocksauer. Die Familie lebte gut in Russland, für russische Verhältnisse sogar sehr gut. Die im Klappentext erwähnten antisemitischen Angriffe wurden mit gerade einem Satz erwähnt, der Vorfall ist eigentlich fast banal. Auch machte die Familie nicht den Eindruck, als würde sie ihre jüdische Religion leben wollen. Es wurde nicht einmal erwähnt, dass sie da etwas vermissen. Statt dessen hat der Vater zusammen mit seinen Freunden vor allem ein Bestreben: schnell, ohne viel – am besten ganz ohne – Arbeit ganz viel Geld zu bekommen. Dafür wird geschoben und bestochen und vor allem kriminell falsch abgerechnet. Als das aufzufliegen droht, beschließen Freunde, in die USA auszuwandern- und die Familie Friedmann kommt ziemlich schnell auf die Idee, dies ebenfalls zu tun. Die Vorbereitung dazu ist schlichtweg mangelhaft, wirkliche Ideen hat man keine und alles außerhalb von Russland wird sich als Paradies auf Erden ohne Arbeit – einfach als Besserland – vorgestellt. Genau solche Asylbewerber schüren aber die Wut der Deutschen, die hart arbeiten müssen, um ihre Familien ernähren zu können.
Mit dem Buch versöhnt habe ich mich dann insofern, dass mir klar wurde: die Autorin war zu dem Zeitpunkt 5 Jahre alt und sie wurde zu den Plänen nicht gefragt, sondern ihr wurde in Bezug auf Besserland einfach alles versprochen. Deshalb kann man sie nicht dafür verantwortlich machen. Sie hat das Buch irgendwie auch aus Sichtweise eines Kindes geschrieben, eher wie ein modernes Märchen oder eine Komödie. Oft ist es richtig witzig, was den Leuten da so alles passiert – eine Verfilmung bietet sich an. Auch die Sicht der Einwanderer auf Deutschland ist relativ naiv und führt zu komischen Situationen. Ihr Stil gefällt mir gut, das Buch ist schnell und flüssig lesbar.
Ich bedauere ein wenig, dass die Autorin am Ende des Buches nicht eine etwas reflektiertere Sichtweise mit ihren heutigen Erfahrungen auf die damaligen Aktionen beschrieben hat, z. B. in einem Nachwort. So behält das ganze einen „unguten“ Beigeschmack.