Ganz okay, aber kein Brüller

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jstbk Avatar

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Zum Inhalt:
Wie im Klappentext beschrieben, ist die Hauptprotagonistin sehr überfordert mit ihrer Rolle als Mutter (was ganz und gar nicht verwerflich ist, vielen frischgebackenen Müttern geht es so und das ist völlig okay!). Sie hätte sich das Leben als Familie viel einfacher, unkomplizierter und harmonischer vorgestellt. Ihr Freund Aksel ist viel beim Arbeiten und hilft ihr, wenn er zuhause ist im Haushalt, mit der Katze... Ganz unerwartet erhält sie von ihm eines Tages eine E-Mail mit dem Betreff "Falls ich sterbe", viel denkt sie sich nicht dabei, außer "Der spinnt doch, was soll ich damit?". Sie spricht die E-Mail beim Abendessen an, aber das Thema ist ziemlich schnell abgehackt. Wie es das Schicksal so will, findet Sie Aksel eines Morgens tot im Bett liegen. Von nun an ist alles anders und sie muss sich um so vieles kümmern (Begräbnis,...) und ist nun ganz allein mit ihrem Sohn.

MEINE MEINUNG:
Das Cover gefiel mir von Anfang an extrem gut und machte mich neugierig. Die Leseprobe versprach auch sehr viel, deshalb habe ich mich riesig gefreut das Buch zu lesen. Ich muss ehrlich sein, ich habe mir viel mehr erwartet; eine Geschichte, Krimi, die Frage, wie Aksel gestorben ist,... Es waren von Beginn an sehr viele Fragen offen, und vor allem: Was hat es mir der E-Mail auf sich? Hat er etwa was geahnt? War es Mord? War er krank?

Die Geschichte wird in den Kapiteln abwechselnd in der Vergangenheit und der Gegenwart erzählt, was ich sehr auflockernd fand. In der Gegenwart war Trauer und Verlust allgegenwärtig und in der Vergangenheit las man deren Geschichte wie sie sich kennenlernten, was sie alles zusammen erlebten - einfach deren gemeinsames Leben. Das ganze Buch wird an Aksel direkt geschrieben, wie ein Tagebuch - das war auf den ersten Seiten etwas ungewohnt, aber man gewöhnt sich dran :-)

Was mir nicht besonders gefallen hat, waren die extrem kurzen Sätze, dass es im ganzen Buch nicht eine einzige wörtliche Rede gibt, obwohl immer viele Menschen im Spiel sind, dass nichts wirklich eingehend beschrieben wird (Umgebung, Menschen,...) - aber was mich am allermeisten störte: viele ihrer Freunde kümmerten sich um Carolina, jedoch werden sie nie beschrieben oder mit Namen erwähnt. Und in der Vergangenheit, wenn sie etwas mit Freunden machten (Urlaub, Umzug, Party,...), wurden die Freunde immer als "die Freunde" beschrieben. Ich hätte mir etwas mehr Persönlichkeit und Tiefe einzelner Charaktere gewünscht.

Das Buch ist insgesamt auch kein Krimi oder eine Geschichte, wie man sie sich vorstellen würde. Es geht rein um Carolinas Trauerbewältigung, was stellenweise wirklich sehr traurig ist, daher würde ich das Buch definitiv nicht Menschen empfehlen, welche sehr emotional sind oder selbst vor nicht langer Zeit einen schweren Verlust verkraften mussten. Dieses Thema verspricht nämlich nicht, dass man sich während des Lesens wohlfühlt, sondern, dass man sich Gedanken macht. Man fängt an, nachzudenken, "was wäre, wenn" - ich finde, das Buch sollte definitiv eine Triggerwarnung bekommen.

FAZIT:
Ich empfehle das Buch all jenen, die lesen wollen, wie es für jemanden sein kann, der jemanden verloren hat. Man kann sich von außen sehr gut ein Bild machen, was im Kopf von Hinterbliebenen vorgehen kann. Für Leute, die sich Spannung und Abenteuer wünschen, würde ich sagen, ist das Buch die falsche Wahl. Es ist nicht spannend, es geht um Trauerbewältigung. Daher war das Buch leider nicht, was ich mir erwartet habe, ich sage aber nicht, dass es schlecht war. Für mich war es "einfach anders". Das liegt aber vielleicht an der Erwartungshaltung, die ich hatte. Ich habe das Buch nun beendet, es war zeitenweise sehr schwer weiterzulesen, weil es einfach keine Spannung gibt und auch die Frage, wie das Buch denn endet, blieb aus. Anfangs dachte ich mir, Carolina macht sich auf die Suche nach einen Mörder, oder will herausfinden, wie er gestorben ist oder etwas in diese Richtung - aber wie gesagt, es geht rein um ihre Trauerbewältigung: wie sie es schafft, sich wieder aufzuraffen, um einkaufen zu gehen, oder generell einfach wieder nach draußen wagt, wie sie die erste Zeit übersteht, das Verhältnis zu ihren Schwiegereltern,... Also wenn sich jemand Spannung erwartet, ist er hier falsch, allerdings wenn sich jemand mit dem Thema Trauer auseinandersetzen will: absolute Buchempfehlung. Wenn jemand einen Hinterbliebenen unterstützen will und nicht weiß, wie er mit dem/derjenigen umgehen soll: absolute Buchempfehlung.